Stadtentwicklung sozial gestalten

19.05.2017
Caren Lay, DIE LINKE: Stadtentwicklung sozial gestalten

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Mit dem vorliegenden Stadtentwicklungsbericht und dem Entschließungsantrag der Koalition stellt sich die Bundesregierung bzw. die Koalition weitgehend ein positives Zeugnis aus. Das hat mich ziemlich überrascht. Sie werden verstehen, dass viele Bürgerinnen und Bürger, aber auch wir als Linke einen anderen Eindruck von der Entwicklung unserer Städte haben und uns mehr Selbstkritik gewünscht hätten.

So richtig und wichtig die Stadtumbau- und die Stadtentwicklungsprogramme sind: Welche Situation haben wir denn in den Städten? Ganze Stadtteile kippen. Der soziale Zusammenhalt ist in vielen Städten gefährdet. Mieterinnen und Mieter werden verdrängt. Grünflächen müssen Büroanlagen weichen. Das ist doch die Realität in vielen Städten. Darüber können wir nicht hinwegsehen.

Ich möchte mit der aus unserer Sicht entscheidenden Frage, der Wohnungsfrage, beginnen. Es ist leider so, dass bezahlbar zu wohnen nicht mehr selbstverständlich ist. Für viele Menschen ist das inzwischen zu einer existenziellen Frage geworden. Der Neubau, der vor allem von der Union immer wieder propagiert wird, kann es allein nicht richten. Ja, wir brauchen mehr Wohnungen. Aber vor allen Dingen brauchen wir mehr bezahlbare Wohnungen. Ich hätte mich gefreut, wenn der Bericht, über den wir heute diskutieren, die kritischen Analysen der letzten Monate beinhaltet hätte, die zum Beispiel zu dem Ergebnis gekommen sind, dass in den 20 größten deutschen Städten die Häuser, die neu gebaut wurden, nur zu 5 Prozent überhaupt noch für den Durchschnittsverdiener bezahlbar sind. Das heißt, es wird zwar gebaut, aber nur im hochpreisigen Segment. Es wird für Besserverdienende gebaut. Das ist wirklich nicht akzeptabel.

Der Bericht kommt an einigen Stellen zu richtigen Analysen. Die entscheidende Frage lautet natürlich, welche Konsequenzen die Regierung daraus zieht. Ein richtiges Analyseergebnis sind zum Beispiel die hohen bzw. zu hohen Grundstücks- und Bodenpreise. Ja, das ist ein Problem. Das ist sogar eines der zentralen Probleme. Das ist aber auch das Ergebnis von zwei Jahrzehnten Privatisierungspolitik. Bedauerlich ist, dass die Regierung aus dieser Analyse nicht die richtigen Schlüsse zieht; denn noch immer werden die vielen Flächen und Wohnungen des Bundes zu Höchstpreisen verkauft. Das heißt: Der Bund spekuliert mit. Der Bund selbst treibt die Preise in die Höhe. - Das müssen wir endlich ändern.

Ich finde es bedauerlich, dass der soziale Aspekt der Stadtentwicklung insgesamt zu kurz kommt. Es sind ja schließlich vorwiegend Menschen mit niedrigem Einkommen überproportional von Luft- und Lärmbelastungen sowie vom Mangel an Grünflächen betroffen. Von den gut 100 Seiten des Berichts wird gerade einmal eine Seite für den sozialen Wohnungsbau verwendet. Es ist zwar richtig erkannt, dass hier zu wenig gebaut wird. Aber trotz mehr Neubaumaßnahmen beläuft sich das Minus auf 25 000 Sozialwohnungen jährlich, die aus der Bindung fallen. Das ist nicht akzeptabel. Den Niedergang des sozialen Wohnungsbaus müssen wir stoppen.

Ich freue mich, dass die Regierung selbstkritisch feststellt, dass die Mietpreisbremse so, wie sie gemacht wurde, nicht funktioniert. Aber auch daraus werden keine Konsequenzen gezogen. Es sieht ja wirklich alles danach aus, dass es in dieser Legislaturperiode keine Nachbesserung bei der Mietpreisbremse mehr geben wird. Das ist nicht akzeptabel. Wir müssen die Mietpreisbremse endlich nachschärfen, damit die Menschen vor Mietenexplosion und Verdrängung geschützt werden.

Im Bericht finden sich leider eine paar gravierende Fehleinschätzungen, zum Beispiel, dass das bestehende Recht dazu beitrage, die Verdrängung der Bewohner aus ihren Wohnungen weitgehend zu vermeiden, oder auch, dass sich zeitlich begrenzte Mietpreis- und Belegungsbindungen bewährt hätten. Das ist eine gravierende Fehleinschätzung, die wir als Linke so nicht akzeptieren können.

Meine Damen und Herren, wir als Fraktion Die Linke - das gilt auch für mich persönlich - unterstützen die Zusammenlegung sowie auch die Aufstockung der Programme „Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“. Klar ist natürlich auch: Diese Zusammenlegung darf finanziell nicht zulasten des Ostens gehen. In meinem Wahlkreis liegt eine Stadt wie Hoyerswerda. Deswegen sagen wir als Linke: Es wird auch zukünftig Unterstützung bei Abrissvorhaben geben müssen. Allerdings kann das nicht länger gewissermaßen das Leitbild der Stadtumbaupolitik sein. Davon müssen wir wegkommen. Wir brauchen Investitionen in altersgerechten Umbau, wir brauchen Investitionen in Modernisierung, und wir brauchen auch Investitionen, um die wunderschöne Altbausubstanz von Städten zu retten. Damit zeigen wir, dass wir sie wertschätzen. Denken wir an Görlitz, denken wir an Meißen. Das sind aber Städte, die häufig den kommunalen Eigenanteil nicht aufbringen können. Hier sind einfach mehr Unterstützungsmaßnahmen erforderlich.

Meine Damen und Herren, zu guter Letzt begrüßen auch wir als Linke die Förderung von Stadtgrün. Einige von uns waren ja heute bei den Kleingärtnern. Wir als Linke unterstützen die Forderung, die dort erhoben wurde, dass nämlich die Infrastrukturprogramme des Bundes auch für das Kleingartenwesen genutzt werden können. Ich hoffe, wir werden sie gemeinsam unterstützen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.