Stromsteuer senken - Verbraucher entlasten

21.03.2013
Caren Lay, DIE LINKE: Stromsteuer senken - Verbraucher entlasten

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

In der letzten Woche konnten wir der Presse entnehmen, dass der Stromkonzern Eon im vergangenen Jahr einen Gewinn von 2,6 Milliarden Euro eingefahren hat. Das ist zweifellos gut für Eon-Chef Johannes Teyssen. Er wird nicht am Hungertuch nagen müssen; denn er gönnte sich eine Gehaltserhöhung, die sich gewaschen hat. Der Arme musste bislang mit einem Jahresgehalt von 4,5 Millionen Euro auskommen.
Jetzt soll sein Einkommen auf 5,7 Millionen Euro jährlich steigen.
Immerhin wird er sich zukünftig keine Sorgen darüber machen müssen, wie er die Stromrechnung bezahlt. Ganz anders sieht das für die Beschäftigten aus, die Eon zuvor entlassen hat. Ganz anders sieht es auch für die Hunderttausenden Menschen in diesem Land aus, denen der Strom im vergangenen Jahr abgestellt wurde. Das darf nicht sein. Das ist eine soziale Schieflage in der Energiewende, die wir als Linke so nicht hinnehmen können.
Dann stellt sich Eon-Chef Teyssen auch noch hin und fürchtet sich öffentlich vor schwierigen Zeiten für sein Unternehmen. Da kann ich nur sagen: Wenn er auf seine Gehaltserhöhung verzichten würde, dann hätte er schon so manchen Arbeitsplatz in seinem Unternehmen sichern können.
Nehmen wir als Beispiel Berlin. Hier lebt jeder Sechste von Hartz IV. Die steigenden Strompreise werden für diese Menschen, aber auch für Geringverdiener zu einem massiven Problem. Die steigenden Kosten für Gas und Heizung kommen hinzu. Nach Angaben der Verbraucherverbände steigt die Zahl derjenigen, die Beratung wegen explodierender Strom- und Gaspreise brauchen, enorm an. Deswegen sagen wir als Linke: Es muss endlich etwas passieren, um den rasanten Anstieg der Energiekosten, der Strom-, der Heiz- und der Gaskosten, zu reduzieren.
Und siehe da! Selbst die Bundesregierung hat dieses Problem erkannt und will eine Strompreisbremse nachliefern. Heute Nachmittag findet der sogenannte Energiegipfel im Kanzleramt statt. Ich kann nur sagen: Diesen Alarmismus hätten Sie sich sparen können, wenn Sie hier in diesem Hohen Hause vor zweieinhalb Jahren unseren linken Vorschlägen für eine effektive Strompreisbremse zugestimmt hätten. Sie haben sie abgelehnt. Sie haben jedes Jahr abgelehnt, wenn wir ein Strompreismoratorium gefordert haben. Das muss an dieser Stelle gesagt werden.
Die Vorschläge, die Union und FDP bisher vorgelegt haben, sind nichts anderes als ein weiterer Frontalangriff gegen die erneuerbaren Energien. Sie sagen Strompreisbremse, meinen aber Erneuerbare-Energien-Bremse. Das muss an dieser Stelle ganz deutlich gesagt werden.
Das ist der Unterschied zwischen unserer und Ihrer Energiepolitik: Wir wollen verhindern, dass sich die Chefs der vier großen Energiekonzerne weiterhin auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher die Taschen vollstopfen. Sie betreiben Propaganda gegen die Solar- und Windkraftbranche.
Es ist doch paradox: Ausgerechnet diese schwarz-gelbe Koalition, die sich ansonsten so gerne wirtschaftsnah gibt, lässt die Solarbranche einfach den Bach heruntergehen. Allein in meinem Wahlkreis sind in den letzten Monaten drei Solarfirmen pleitegegangen. Viele Stadtwerke hatten den Bau von Solaranlagen geplant und wollten neue Solarfelder erschließen. Aber durch das Hü und Hott in Ihrer Förderpolitik sind diese Vorhaben einfach nicht mehr realisiert worden. Ich finde, so kann man mit einer Zukunftsbranche nicht umgehen. Das kann doch nicht wahr sein.
Während Sie der Solar- und Windkraftbranche einen Frontalangriff bereiten, sorgen Sie gleichzeitig dafür, dass ausgerechnet diejenigen Industriebetriebe, die viel Strom verbrauchen, auch noch von der Öffentlichkeit unterstützt werden, weil wir als Verbraucher oder als Steuerzahler deren Stromrechnung mit bezahlen. Das ist doch völlig absurd.
Diese Industrierabatte sind massiv angestiegen. Vor zwei Jahren lagen sie noch bei 8 Milliarden Euro. Im letzten Jahr waren es schon 10 Milliarden Euro. In diesem Jahr werden es schätzungsweise etwa 16 Milliarden Euro sein, Milliarden, die wir als Steuerzahler und Verbraucher für die Industrie mit bezahlen. Das kann so nicht weitergehen.
Es wäre so einfach, die Strompreise zu senken. Die deutliche Reduzierung der Industrierabatte ist das eine. Ich kann wirklich nicht erkennen, warum Flughäfen, Geflügelzüchter und Saunaanlagen von diesen Stromkosten befreit werden sollen, und das auf Kosten der Allgemeinheit.
Ein zweites Beispiel. Sie haben 2007 ohne Not die Strompreisaufsicht der Länder abgeschafft. Seitdem steigen die Preise noch mehr. Deswegen sagen wir als Linke: Wir wollen eine effektive staatliche Preisaufsicht, die die Preise auch wirklich genehmigt und die eingreifen kann. Das ist etwas ganz anderes als die Markttransparenzstelle, die nur beschreiben soll und über die wir gleich noch diskutieren.
Drittens sagen wir: Die Energiewende ist notwendig, aber sie darf nicht auf Kosten der Schwachen in dieser Gesellschaft gehen. Deshalb wollen wir die Stromsteuer besser bekannt als Ökosteuer senken. Wir als Linke haben schon immer kritisiert, dass sie völlig unsozial ist. Warum soll denn eine vierköpfige Familie mehr Stromsteuer bezahlen als ein Singlehaushalt, der vielleicht besserverdienend ist? Ich frage mich sowieso, was an dieser Stromsteuer eigentlich öko ist. Dahinter steht doch der Gedanke: Wir machen den Strom teuer, und dann wird nicht so viel verbraucht. Das ist großer Unsinn und unsozial noch dazu.
Als wir als Linke die Senkung der Stromsteuer vor ein paar Monaten vorgeschlagen haben, haben viele andere gesagt: Schon wieder ein absurder linker Vorschlag. Ich freue mich, dass diese Forderung so kann ich es der Presse entnehmen jetzt wenigstens auch von der SPD mit unterstützt wird. Ich freue mich immer, wenn gute Ideen der Linken übernommen werden.
Ich hoffe, dass auch die Grünen jetzt über ihren Schatten springen und diese alten Zöpfe tatsächlich abschneiden.
Ein allerletzter Punkt. Wir als Linke wollen die unsäglichen Stromsperren endlich verbieten. Stellen Sie sich das doch einmal vor bei diesem Wetter, bei 20 Zentimetern Schnee: Das Licht geht nicht an, Sie können sich keinen Tee und keine warme Suppe kochen. So kann es einfach nicht weitergehen. Das ist einfach unmenschlich. Deswegen sagen wir: Folgen wir doch bitte dem Beispiel von Frankreich, folgen wir dem Beispiel von Belgien, und lassen Sie uns diese Stromsperren verbieten, wenigstens im Winter.
Vielen Dank.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.