Ein Denkmal, eine Tafel, eine Straße, ein Platz, die Ehrenbürgerschaft

Zum Festakt "100 Jahre Jurij Brězan"

16.06.2016
v.l.n.r.: Prof. Dietrich Scholze (Biograph Jurij Brězans), Benedikt Dyrlich (sorb. Publizist), MdL Heiko Kosel, MdB Caren Lay, Christiane Ruby (Journalistin und letzte Interviewerin Brězans) und Florian Brězan (Enkel des Geehrten)

"Welcher Tourist in Bautzen erfährt von Jurij Brězan? Welcher Schüler in der Stadt wird mit seinen Werken konfrontiert?" Zwei Fragen, die exemplarisch für den Umgang der Stadt Bautzen mit einem ihrer berühmtesten Söhne stehen. Gestellt hat sie die Lausitzer Bundestagsabgeordnete Caren Lay. Antworten darauf sollten gesucht werden, denn bislang - das ist die Bestandsaufnahme im Jahr 2016, dem Jahr des 100. Geburtstages Brězans - muss die Antwort in beiden Fällen wohl "keiner" lauten. Das dieser Zustand in jeder Hinsicht unbefriedigend ist, wird nicht überraschen.

Jurij Brězan gilt als der bekannteste sorbische Dichter, Übersetzer der Krabat-Saga und Autor weltberühmter Romane wie der autobiographischen Felix-Hanusch-Trilogie, beginnend mit dem Roman "Der Gymniasast". Letztere gilt als eines der wichtigsten Werke um die Geschichte der sorbischen Minderheit im letzten Jahrhundert, den Aufstieg des Faschismus in der Oberlausitz und die Befindlichkeiten der Region verstehen zu lernen. Das dieser Mensch in seiner Heimatstadt Bautzen kaum eine Würdigung erfährt, liegt nicht zuletzt an der politischen Dimension seines Lebens, die noch dazu oft und lange missgedeutet wurde. Als SED-Mitglied der ersten Stunden und stellv. Vorsitzenden des DDR-Schriftstellerverbandes wurde und wird ihm eine zu große Nähe zum "SED-Regime" nachgesagt. Das er tatsächlich ein Sozialist war und diesen bis zuletzt für das bessere System hielt, bestreitet auch niemand - nur wird die Verengung auf diesen Aspekt Brězan nicht gerecht. Gleichzeitig blieb Brězan nämlich auch immer Sorbe und gläubiger Katholik und entfernte sich von der realen Politik der DDR spätestens Ende der 1960er Jahre durchaus - nicht ohne aber, wie gesagt, der Idee des Sozialismus abzuschwören.

Beim Festakt anlässlich seine 100. Geburtstages nun, organisiert von MdB Caren Lay, MdL Heiko Kosel und dem Kreisverband DIE LINKE. Bautzen, sollte ein Anfang für eine zu Brězan und seinem Wirken passende Ehrung gemacht werden - und das gelang! Mit der Laudatio durch den stellv. Oberbürgermeister Dr. Böhmer wurde ihm erstmals auch von der Stadtspitze Bautzens Anerkennung zu teil, die ihm zu Lebzeiten verwehrt blieb. Ihn nachträglich zum Ehrenbürger zu ernennen, wäre da nur konsequent. Caren Lay hatte zusammen mit ihren weiteren Gästen und der Familie Brězans aber auch andere Vorschläge im Köcher: zum Beispiel die Benennung einer Straße oder eines Platzes in der Stadt nach Brězan, ein Denkmal oder eine Gedenktafel für ihn. Was auch immer es davon wird, einig waren sich die Anwesenden alle: eine Würdigung muss her. Und Bautzen sollte im 100. Jahr nach der Geburt Jurij Brězans damit beginnen, sein Wirken auch für sich nutzbar und der Welt bekannt zu machen: seht her und besucht die Stadt Jurij Brězans!