Investitionen statt Kürzungen

28.11.2019
Caren Lay, DIE LINKE: Investitionen statt Kürzungen

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gut möglich, dass Sie noch nichts davon gehört haben, aber Horst Seehofer ist übrigens auch Bauminister. Zu Beginn der Legislaturperiode sprachen Sie davon, Wohnen sei die soziale Frage unserer Zeit. Die Regierung lud zum Wohnungsgipfel und versprach 1,5 Millionen neue Wohnungen in dieser Legislatur.

Schauen wir uns die Halbzeitbilanz mal an: Von den selbst gesteckten Zielen sind Sie meilenweit entfernt. Nicht nur was den Neubau insgesamt anbelangt ... Die schlechteste Bilanz haben Sie beim Thema sozialer Wohnungsbau: Nur 27.000 neue Sozialwohnungen im letzten Jahr. Bundesweit. Das sind angesichts des Mietenwahnsinns und der wachsenden Wohnungsnot viel zu wenig!

Schlimmer noch: Zumal Jahr für Jahr drei Mal so viele Sozialwohnungen aus der Bindung fallen wie neue gebaut werden. Allein im letzten Jahr ergibt sich so ein Minus von 42.000 Sozialwohnungen. Und das angesichts astronomischer Mieten in den Städten. Das ist einfach völlig unverantwortlich!

Und da höre ich von der Union immer: Die Länder sind schuld. Also einmal davon abgesehen, dass es ja die GroKo selbst war, die die Verantwortung 2006 an die Länder geschoben hat - gegen unseren Willen als LINKE - habe ich mir einmal angesehen, wer am meisten Sozialwohnungen baut pro Einwohner: Hamburg und Berlin.

Und die wenigsten? Das Saarland und Sachsen-Anhalt. Dann nehmen Sie sich Ihre Parteifreunde, die dort regieren, doch einfach mal zur Brust!

NEIN. Hier liegt der Fehler. In diesem Haushalt: Diese Bundesregierung kürzt die Mittel für den sozialen Wohnungsbau! Statt geringen 1,5 Milliarden soll es ab dem kommenden Jahr nur noch eine lächerliche Milliarde geben – wohlbemerkt, für die gesamte Bundesrepublik. Damit kommt man nicht weit!

Schauen wir nach Wien: Eine Stadt der Größe Hamburgs – gibt allein 680 Millionen jährlich für soziale Wohnungen aus. Da müssen die Leute im Schnitt nur 21 Prozent des Einkommens für das Wohnen ausgeben, davon können die Leute hierzulande nur träumen. Also nehmen wir uns Wien zum Vorbild. Die LINKE tut das. Wir wollen ein öffentliches Wohnungsbauprogramm nach Wiener Vorbild und 10 Milliarden Euro in bezahlbare Wohnungen investieren. Jeder Euro, der im sozialen Wohnungsbau angelegt ist - ist gut angelegtes Geld!

Das Geld ist da. Sie investieren es nur falsch und stecken es in das Baukindergeld. Damit subventionieren Sie jedoch in Größenordnung nachträglich Häuser, die schon längst gebaut sind. Und dafür geben Sie ein Vielfaches an Geld aus. Das hat mit einer sozialen Wohnungspolitik nichts zu tun!

Meine Damen und Herren, was baut eigentlich der Bund? Das darf der Bund, zumindest für die eigenen Bediensteten. In dieser Legislaturperiode hat die Bundesregierung 40 Wohnungen gebaut. Im Laufe der Legislatur sollen es sage und schreibe 100 werden. WOW! Also eines können wir hier festhalten: Wer so eine miserable Bilanz beim Wohnungsbau hat, wie diese Regierung, soll nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen!

Und zu guter Letzt: Bauen, bauen, bauen ist eben nicht die einzige Antwort für eine Dämpfung der Mietpreise. Das ist doch wirklich ein Ammenmärchen. Wir brauchen neben bezahlbaren Wohnungen eben auch eine wirkungsvolle Regulierung der Mietpreise.

Schlimm genug, dass diese Regierung es selbst nicht auf die Reihe kriegt, den Mietenanstieg per Gesetz zu stoppen. Jetzt pfuschen sie auch noch den Berlinern dazwischen, die unter einer linken Bausenatorin den Mietendeckel einführen wollen. Da erstellt Ihr Haus ein Gutachten zum Mietendeckel, obwohl sie gar nicht zuständig sind, das Sie dem Parlament bis heute vorenthalten, aber per E-Mail an ihren Parteifreund Kai Wegner und an die Tagesschau schicken. DAS ist ein starkes Stück!

Wachen Sie auf aus ihrem wohnungspolitischen Dornröschenschlaf und tun Sie endlich etwas für die Mieterinnen und Mieter!

Buchempfehlung:
Buchcover

Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.