Rettungsprogramm für den sozialen Wohnungsbau!

24.06.2021
Caren Lay, DIE LINKE: Rettungsprogramm sozialer Wohnungsbau

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt jetzt, am Ende der Legislatur, 160 000 Sozialwohnungen weniger als noch vor vier Jahren. In acht Jahren GroKo sank die Zahl der Sozialwohnungen um über 400 000.

Vermutlich noch in diesem Jahr wird die Zahl der Sozialwohnungen unter 1 Million abrutschen. Das ist ein historischer Tiefstand und eine miserable Bilanz Ihrer Politik.

Es fehlen in Deutschland aktuell 5 Millionen Sozialwohnungen, sagt das Eduard Pestel Institut. Alle zwölf Minuten fällt eine Sozialwohnung weg. Angesichts der Mietenexplosion ist dieses Versagen bei dem sozialen Wohnungsbau einfach nur fatal.

Es ist auch nicht alleine die Verantwortung der Länder. Sie haben zu wenig investiert. Das Baukindergeld ist Ihnen dreimal mehr wert als der soziale Wohnungsbau. Eine kleine Milliarde Euro jährlich für das gesamte Bundesgebiet ist kaum mehr, als die Stadt Wien - also eine Stadt in der Größe von Hamburg - alleine für die soziale Wohnraumförderung ausgibt. Deswegen liegt in Wien die durchschnittliche Belastung mit Wohnkosten bei 21 Prozent des Haushaltseinkommens und in München beispielsweise bei 38 Prozent. Das zeigt doch: An Wien müssen wir uns orientieren.

Wenn wir mit diesem Schneckentempo weitermachen, dann haben wir in 30 Jahren fast keine Sozialwohnungen mehr. Die Sozialwohnungen in Deutschland sind vom Aussterben bedroht. Wir brauchen endlich ein Rettungsprogramm für den sozialen Wohnungsbau.

Wir als Linke wollen 10 Milliarden Euro jährlich investieren, damit 250 000 soziale und gemeinnützige Wohnungen im Jahr entstehen können.

Was läuft in Wien besser? Mehr Investitionen sind das eine. Während hierzulande eine Sozialwohnung nach 15 Jahren ihren Status verliert und die Mieten sich wieder am Markt orientieren können, gilt dort: einmal Sozialwohnung, immer Sozialwohnung. - Das muss auch in Deutschland gelten.

Genau deswegen brauchen wir einen Systemwechsel hin zu einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit, einem System, das eine soziale Vermietungspraxis steuerlich fördert und nicht, wie es derzeit der Fall ist, die Konzerne, einem System mit dauerhaften Sozialbindungen. Wir brauchen einen nicht profitorientierten Teil auf dem Wohnungsmarkt; wir brauchen einen Teil des Wohnungsmarktes, der eben nicht dem Prinzip der Profitgier, sondern dem Prinzip des Gemeinwohls folgt. Dafür müssen wir gemeinsam kämpfen; denn Wohnen ist ein Grundrecht und keine Ware.

Deswegen fordern wir neben einem Rettungsprogramm für den sozialen Wohnungsbau die Einführung einer Wohnungsgemeinnützigkeit, und wir wollen, dass das Grundrecht auf Wohnen endlich im Grundgesetz verankert wird.

Meine Damen und Herren, ich habe hier vor elf Jahren zum ersten Mal einen Neustart im sozialen Wohnungsbau gefordert. Ich hatte häufig das Gefühl, dass ich mir bei diesem Thema den Mund fusselig rede, und von der Union sind meistens nur unqualifizierte Zwischenrufe gekommen.

Eines gibt mir aber Zuversicht: Ich habe vor vier Jahren, am Ende der letzten Legislatur, an dieser Stelle eine Grundgesetzänderung gefordert, damit der Bund den sozialen Wohnraum wieder fördern kann. Damals hat niemand zugestimmt, aber wir demokratischen Fraktionen haben das ein halbes Jahr später gemeinsam beschlossen. 

Heute wird die Union unsere Anträge sicherlich wieder ablehnen. In der nächsten Legislaturperiode muss es anders laufen. Ein Rettungsprogramm für den sozialen Wohnungsbau und eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit müssen her!

Vielen Dank.