Konstanz zwischen Schlossallee und Gemeinschaftsfeld – Wie Wohnbaupolitik zum Monopoly-Spiel wird

Caren Lay, Bundestagsabgeordnete der Linken, stellte in Konstanz ihr Buch „Wohnopoly“ vor. Winfried Kropp vom Mieterbund spricht von einer Pflichtlektüre für alle, die sich mit Wohnungspolitik beschäftigen.

Mit diesem Lob war nicht unbedingt zu rechnen. Caren Lay, im Bundestag für die Fraktion der Linken für den Bereich Mieten, Bau und Wohnungspolitik zuständig, hat gerade einige Passagen aus ihrem Buch „Wohnopoly“ vorgelesen, da meldet sich als Erster Winfried Kropp zu Wort. Der Mann ist in Konstanz als Vertreter des Mieterbunds bekannt, legt sich in dieser Funktion bei Bedarf auch schon man unerschrocken (und erfolgreich) mit einem Konzern wie der Vonovia an.

Außerdem hält Kopp für die SPD die Fahne hoch. Eben diese Partei gibt sich gern einen roten Anstrich, aber den Linken ist sie ganz und gar nicht grün. In Berlin koaliert man deshalb nicht nur aus rechnerischen Gründen lieber mit jenen, die ihrerseits ganz gut vom Anstrich des Liberalen leben.

Doch Winfried Kropp ist außerdem ein nüchtern-sachlicher Zeitgenosse, deshalb pfeift er bei seinem Urteil über das Buch von Caren Lay auf Dinge wie VON TORSTEN LUCHT Parteiraison. Für seine Verhältnisse grenzt seine Achtung vor der Autorin und ihrem Werk an Überschwang.

Das Buch erhebt er in den Rang einer Pflichtlektüre für ein Schlüsselthema der deutschen Politik, das weit über den biedere Horizont des bloßen Häuslebauens hinausreicht. Daran wiederum zweifelt niemand der Besucher, die unter nackten Glühbirnen im Erdgeschoss der Freiräume an der Holfhalde trotz Corona-Reinigungsgeräten bei schlechter Luft die Köpfe zusammenstecken. 

Ganz in seinem Element ist beispielsweise Luigi Pantisano. Für den vor gut zwei Jahren als Vize aus den Konstanzer Oberbürgermeister hervorgegangenen Kandidaten ist die Situation auf dem Wohnungsmarkt der bedeutsamste Treiber wachsender Armut. Dass etwa in Konstanz bis zurHälfte des Arbeitseinkommens für die Miete dran gegeben werden müsse, sei eher die Regel als die Ausnahme, wobei er sich auf eine nicht näher benannte Studie der Universität beruft.

Die Frage ist, ob sich soziale Unruhen infolge der Marktlage überhaupt noch vermeiden lassen. Luigi Pantisano ist überzeugt, dass es mit Bauen allein nicht getan ist – zumal sich die von der Ampel gesetzten Ziele als illusorisch erweisen. Aber selbst wenn sie erreicht würden, steige das Kostenniveau wegen der Materialien oder etwa wegen der Erfordernisse des Klimaschutzes. Am der Wohnungssituation innewohnenden Konfliktpotenzial ändere sich somit nichts.

Muss also der Staat her? Es wäre eine Missverständnis, das Buch von Caren Lay darauf zu reduzieren. An den präsentierten Versatzstücken ihrer Analyse veranschaulicht sie die Einbettung des Schlüsselthemas in den historischen und gesellschaftlichen Kontext. Darin tauchen ihre Urgroßeltern auf, die sich als Leute aus einfachen Verhältnissen den Traum vom Eigenheim verwirklichen konnten. Caren Lay zeigt den Zusammenhang von Wirtschafts- und Wohnungswunder der 1950er und 1960er Jahre, vor allem aber macht sie die Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau als sozialpolitischen Stabilisator aus. Dass sie in der Ära von Helmut Kohl mehr oder weniger aufgegeben wurde, bezeichnet sie als Sündenfall der Wohnbaupolitik.