Rede auf dem Christopher Street Day in Dresden

13.06.2010

Liebe Freundinnen und Freunde!

Ich freue mich, hier beim Dresdener CSD sprechen zu können. Es würde unsere Stadt ungemein bereichern, wenn hier jeden Tag so ein buntes Treiben herrschen würde!

Der Christopher-Street-Day hat sich seit seinen kämpferischen Wurzeln zu einem Feiertag entwickelt. Ein stolzes Fest der Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen – und von allen die solidarisch sind mit der Forderung nach sexueller Freiheit und Selbstbestimmung!

Feiern ist ja nie falsch!

zugleich ist es auch ein politisches Zeichen. Denn wir vergessen nicht, dass es immer noch genug zu tun und genug zu erkämpfen gibt.

Auf die Frage „Wie liebst du?“ gibt es tausend verschiedene Antworten. Es geht darum, dass jede Antwort gleich viel wert ist!

Niemand kann von sich behaupten dass seine Antwort „normaler“ ist als eine andere. Es geht um gleiches Recht für alle, gleiche Anerkennung und um die freie Liebe!
Es war ein weiter Weg bis hierher.
Dass wir jetzt offen und frei feiern und uns zeigen können, hat viele Menschen Mut und Kraft,
viele Verletzungen und Demütigungen gekostet. Daran sollten wir uns heute erinnern!

Auch deshalb gehört jetzt endlich die Entschädigung der in der Nachkriegszeit nach §175 verfolgten Schwulen auf die Tagesordnung. Wir, die wir jetzt feiern dürfen, sind es ihnen schuldig!

Mit Diskriminierung muss endlich Schluss sein! Und dafür feiern und kämpfen wir heute in Dresden, sondern in vielen anderen Städten hier und weltweit.

Auch DIE LINKE ist mit dabei. Wir streiten für die Gleichstellung aller Lebensweisen und das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung.

Und in Berlin hat DIE LINKE mit dem Aktionsplan zur Anerkennung sexueller Vielfalt bundesweit eine Vorreiterrolle eingenommen. Daran kann sich Sachsen mal ein Beispiel nehmen, denn in Sachen Homopolitik ist die sächsische Regierung seit vielen Jahren ziemlich rückständig!

Und auch die schwarz-gelbe Bundesregierung hat bisher nichts von dem realisiert, was sie vollmundig versprochen haben!

Das Adoptionsrecht für Lesben und Schwule ist immer noch ein ferner Traum. Die versprochene Reform des Transsexuellengesetzes ist nicht in Angriff genommen worden. Das versprochene Magnus-Hirschfeld-Institut ist bisher auch nicht in Aussicht.

Aber selbst wenn diese mageren Vorhaben irgendwann umgesetzt würden – von einer wirklichen Gleichstellung aller Lebensweisen wären wir dann immer noch meilenweit entfernt!

Die eingetragene Lebenspartnerschaft war vor vielen Jahren ein erster Schritt. Inzwischen hat selbst das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber gemahnt, die Ungleichbehandlung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe zu beenden.

Warum braucht es eigentlich noch ein Sondergesetz für Lesben und Schwule? Wir brauchen im 21. Jahrhundert keine Ehe zweiter Klasse! Nächsten Donnerstag wird der Antrag der LINKEN zur Öffnung der Ehe für alle im Bundestag behandelt und wir sind gespannt was da herauskommt!

„Niemand darf wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt werden.“ Warum können diese wenigen, klaren Worte nicht endlich im Grundgesetz verankert werden? Ob trans, lesbisch, schwul, bi, hetero oder alles zusammen – das darf im 21. Jahrhundert keine Rolle mehr spielen.

LesBiSchwules Leben gehört endlich ins Grundgesetz!

CDU und FDP sperren sich. Das ist doch lächerlich! Weltoffenheit und Modernität sehen anders aus.

Und noch etwas: jeder kann es hier deutlich sehen: Es gibt mehr als Mann und Frau. Das macht unsere Welt umso reicher!

Wir wollen als LINKE allen Menschen ermöglichen, ihren Vornamen und den Personenstand frei wählen zu können.

Warum soll man nicht auch „Intersexuell“ oder “Transgender” in seine Papiere eintragen lassen oder meinetwegen auch garnichts?!?

Und deshalb darf auch niemand zu geschlechtsverändernden Operationen gezwungen werden.

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich finde es toll dass immer mehr Kinder und Familien beim CSD mit dabei sind. Es gibt viel mehr als Papa-Mama-Kind-Familien. Und eine Familie mit zwei Müttern oder zwei Vätern oder allein Erziehende verdienen den gleichen Respekt und die gleichen Rechte!

Und nicht zuletzt dank der queer families ist auch der Nachwuchs für den CSD gesichert!

Bevor ich gleich zum Schluss komme, möchte ich noch auf einen sehr aktuellen Punkt hinweisen: Die schwarzgelbe Bundesregierung mit ihrem smarten schwulen Außenminister will ein Veto gegen die Antidiskriminierungsrichtlinie im Europäischen Rat einlegen.

Dabei wäre das ganz wichtig für die Queers in vielen osteuropäischen Ländern, die sich immer noch verprügeln lassen müssen, wenn sie sich beim CSD auf die Straße wagen.

Das ist völlig daneben, dass die Bundesregierung hier blockiert! Wir fordern die Bundesregierung auf, diesen Quatsch zu lassen!

Und gerade heute, am Christopher-Street-Day wissen wir, dass es sich lohnt, gegen Vorurteile und Gewalt auf die Straße zu gehen! Wir lassen keinen zurück und niemanden allein!

Und jetzt lasst uns weiter feiern. Jeden Tag ein bisschen mehr!