Mietenkrise in Sachsen dehnt sich ungebrochen aus

09.03.2023

Landesweit steigen die Mieten und vor allem die Bodenpreise in Sachsen weiter deutlich an. Die Zahl der Sozialwohnungen stagniert auf historisch niedrigem Niveau und der Bund plant weiterhin, in Sachsen zahlreiche Grundstücke und Gebäude zu veräußern. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Kleinen Anfrage der sächsischen Bundestagsabgeordneten und wohnungspolitischen Expertin Caren Lay.

In allen sächsischen Landkreisen sowie in den drei kreisfreien Städten sind die Mieten in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Landesweit von durchschnittlich 5,19 €/qm im Jahr 2013 auf 6,55 €/qm im Jahr 2022. Das entspricht einem durchschnittlichen Anstieg um enorme 26,2 Prozent. Den stärksten Anstieg verzeichnet dabei die Stadt Leipzig. Hier stiegen die Mieten innerhalb der letzten zehn Jahre um sage und schreibe 53,1 Prozent. Die Menschen in Leipzig müssen mittlerweile durchschnittlich 8,07 Euro pro Quadratmeter für Mietwohnungen zahlen und damit 2,80 Euro/qm mehr als noch 2013. Erstmals liegt die durchschnittliche Miete in Leipzig damit nahezu gleich hoch wie die in Dresden (8,10 €/qm). (Fragen 1 – 6)

Die Baulandpreise in Sachsen sind noch dramatischer gestiegen als die Mieten. Landesweit haben sie sich in der Zeit von 2013 – 2022 durchschnittlich verdreifacht: von 34,05 €/qm auf 101,82 €/qm. Besonders stark fielen die Anstiege dabei im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (Steigerung um 847 Prozent), dem Landkreis Görlitz (plus 522 Prozent), dem Landkreis Nordsachsen (plus 487 Prozent) und der Stadt Leipzig (plus 465 Prozent) aus. (Frage 7)

Gleichzeitig verharrt der soziale Wohnungsbau in Sachsen seit Jahren annährend konstant auf einem historischen Tiefststand. Gab es im Freistaat im Jahr 2006 noch knapp 134.000 Sozialwohnungen, waren es Ende 2021 nur noch 12.083. Innerhalb von 16 Jahren ist vom Bestand 2006 nicht mal mehr ein Zehntel übrig. Der Rückgang des Bestands fand dabei bis 2015 statt, seither stagniert die Anzahl der Sozialwohnungen. Eine Trendumkehr ist nicht in Sicht, schlichtweg weil der Neubau an Sozialwohnungen nicht in Tritt kommt. Wurden im Jahr 2020 593 Sozialwohnungen gebaut, waren es im Jahr 2021 nur noch 91 Wohnungen mit Sozialbindung.

Insgesamt flossen in den Jahren 2018 – 2022 433,13 Millionen Euro zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus vom Bund nach Sachsen. Damit liegt die bereitgestellte Summe unter dem Betrag, der für das Baukindergeld zur Verfügung gestellt wurde (450,31 Millionen Euro). Die bereitgestellten Mittel des Baukindergeldes wurden zu 62,5 % für die Förderung von Bestandswohnungen ausgegeben und nicht wie eigentlich zum Programmstart intendiert für Neubau. (Fragen 11 – 25)

Obwohl die Mieten im gesamten Freistaat steigen und bezahlbare Wohnungen knapper werden, werden weiterhin Wohnungen abgerissen. In den Jahren 2012 bis 2022 waren es 24.506 Wohnungen. Der Bund förderte diesen sogenannten Rückbau mit 30,9 Millionen Euro. Die meisten Wohnungen wurden in Dresden, und nicht etwa in strukturschwachen Gebieten, abgerissen (1913). Ebenfalls viel Abriss von Wohnungen gab es in Hoyerswerda (1488), Zwickau (1481) und Chemnitz (1477). (Frage 20)

Der Bestand von Immobilien und Grundstücken des Bundes in Sachsen sinkt immer weiter. Waren es im Jahr 2013 noch 1765 Liegenschaften im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), belief sich der Bestand Anfang 2023 nur noch auf 816. Das entspricht einem Rückgang von mehr als 54 Prozent. Dagegen hat der Bund durch die BImA in den vergangenen zehn Jahren keine einzige neue Wohnung in Sachsen gebaut. Der Bestand droht sogar in den kommenden Jahren noch weiter zu sinken. Im aktuellen Verkaufsportfolio der BImA sind für Sachsen 298 Liegenschaften enthalten (ca. 36 Prozent des Bestands). Damit plant die BImA mehr als jede dritte Liegenschaft zu veräußern. Bei lediglich sieben Grundstücken bzw. Immobilien wird aktuell über eine verbilligte Abgabe an Kommunen verhandelt (alle in Leipzig). Zudem sind weitere Verkäufe des Bundeseisenbahnvermögens BEV geplant. In den letzten zehn Jahren gab es darüber hinaus auch zahlreiche Grundstücks- und Immobilienverkäufe bundeseigener Unternehmen, insbesondere der Wismut GmbH sowie der LMBV. Die meisten dieser Verkäufe fanden an Privatpersonen statt. (Frage 27 – 35).

Dazu erklärt Caren Lay: „Die Mietenkrise in Sachsen verschärft sich immer weiter. Viel zu lange haben Bund und Land die Mieterinnen und Mieter im Freistaat im Stich gelassen. Nun muss dringend etwas passieren. Zumindest für die großen Städte braucht es einen Mietenstopp, damit die Situation in Leipzig und Dresden nicht bald so sind wie in München oder Berlin. Es ist an der Zeit, die massenhafte Privatisierung bundeseigene Liegenschaften zu beenden. Ein Privatisierungsstopp ist überfällig. Die BImA muss ihre Anstrengungen intensivieren, Liegenschaften verbilligt an Kommunen abzugeben. Noch besser wäre es, der Bund würde beginnen, selbst Wohnungen zu bauen. Die Kenia-Koalition in Sachsen steht in der Verantwortung, endlich alle möglichen mietrechtlichen Mittel zum Wohle der Mieterinnen und Mieter umzusetzen. Zudem müssen die vorhandenen Mittel für den Sozialen Wohnungsbau vollständig genutzt werden, um den riesigen Bedarf an Sozialwohnungen ansatzweise decken zu können. Hier tut die Staatsregierung bisher viel zu wenig.“

Link zur Kleinen Anfrage[1]

Links:

  1. https://dserver.bundestag.de/btd/20/054/2005496.pdf