Wege aus der Kinderarmut

DIskussionsveranstaltung im Bautzener Bürgerbüro

19.05.2011
Heike Werner (MdL) und Reinhard Hascha im Gespräch mit Bautzener BürgerInnen über Wege aus der Knderarmut


Eine Woche lang sind die sächsischen Bundestagsabgeordneten der LINKEN gemeinsam mit Abgeordneten der LINKEN Landtagsfraktion im Rahmen einer fünftägigen Dialog- und Sozialtour in Sachsen unterwegs. Insgesamt standen 19 Einzelveranstaltungen auf der Tagesordnung.

Am Mittwoch, den 18. Mai fand im Rahmen der Tour auch eine Veranstaltung im Bautzener Bürgerbüro der Bundestagsabgeordneten Caren Lay statt. "Kindergrundsicherung - Wege aus der Armut" lautete das Thema einer Informations- und Diskussionsveranstaltung mit der Vorsitzenden des Sozialausschusses im Sächsischen Landtag, Heike Werner (MdL) und dem Bautzener Armutsforscher Reinhard Hascha.

„Die Kinderarmut stellt Kommunen vor große soziale und finanzielle Aufgaben. Betroffen davon sind vor allem die Städte und Landkreise in den ostdeutschen Bundesländern“, so die Vorsitzende des Sozialausschusses im Landtag, Heike Werner.

Der Wissenschaftler Reinhard Hascha stellte fest: „Seit der ersten Veröffentlichung des Armutsberichtes für Deutschland im Jahr 1994 gab es keine Verbesserungen bei der Bekämpfung der Armut. Im Gegenteil. Die Hartz IV-Gesetze von Rot-Grün haben die Situation noch verschärft, auch für Kinder. Als Begründung für den Sozialabbau wird immer wieder der Zwang zur Konsolidierung der öffentliche Haushalte bemüht.“

Bei der Veranstaltung wurden politische Fragen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die im Februar verabschiedete Novellierung der Hartz-IV-Gesetze beleuchtet. Darüber hinaus wurden Handlungsoptionen zur Sicherung des kindlichen Existenzminimums und Konzepte gegen Kinderarmut, wie beispielsweise die Kindergrundsicherung diskutiert. „Der Regierung fehlt ein Gesamtkonzept gegen Kinderarmut“, kritisiert Werner.

Das mit der Gesetzesnovelle eingeführte sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket löst nach Überzeugung der LINKEN weder die Probleme der Bildungsfinanzierung noch der sozialen Ausgrenzung von Kindern im Hartz IV-Bezug. Tatsächlich kommen lediglich etwas mehr als 600 Mio. Euro von den öffentlich gestreuten 1,6 Mrd. Euro den Kindern von Hartz IV Familien zugute. Teilweise bezahlen die Betroffenen selbst für das Paket durch die Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-Beziehende. Frei verfügbares Geld wird ersetzt durch diskriminierende Gutscheine, die bürokratisch teuer beantragt werden müssen. 160 Mio. Euro fließen allein in zusätzliche Verwaltung, statt den Kindern zu helfen. Das Bildungspaket stellt Familien unter den Generalverdacht, Barleistungen für Bildung würden nicht bei den Kindern ankommen. Es stellt den Beginn eines Umstiegs auf ein Gutscheinsystem dar, das nur scheinbar Bildungsgerechtigkeit gewährleistet, das faktisch aber ein Zuteilungssystem auf niedrigem Niveau ist.

Auch Bürgerinnen und Bürger meldeten in der Diskussion sich zu Wort. „Das Bildungs- und Teilhabepaket hat seinen Namen nicht verdient.“ so ein aufgebrachter Bürger, der sich ehrenamtlich in einem Sportverein für Kinder und Jugendliche engagiert. „Es ist absolut unmöglich für Kinder aus Hartz IV-beziehenden Familien, mit diesen geringen Beträgen an Wettkämpfen und Sportveranstaltungen teilzunehmen, da meist Startgebühren erhoben werden. Es scheitert ja schon am Kauf einer Sportbekleidung. Sowas ist im Betrag nicht vorgesehen, gehört aber unbedingt mit dazu!“ Ebenfalls scharf kritisiert wurde die Anrechnung des Kindergeldes auf Hartz IV. „Das ist menschenunwürdig und grenzt schon Kinder aus der Gesellschaft aus.“ „Derzeit finde nur Armutsverwaltung, jedoch keine Armutsbekämpfung statt“, so ein weitere Meinung während der Diskussion.

DIE LINKE im Bundestag fordert eine einheitliche Erhöhung des Kindergeldes von 250 € anrechnungsfrei für jedes Kind und eine deutliche Steigerung des bedarfsorientierten Kinderzuschlages. Darauf aufbauend soll es für alle Kinder unter 18 Jahren eine einkommensunabhängige Grundsicherung geben. Im Ergebnis soll jedem Kind mindestens ein Einkommen in Höhe des Existenzminimums zur Verfügung stehen.

Das Konzept ist ohne weiteres finanzierbar, da es erhebliche Einsparungen bei Sozialgeld und ALG II ermöglicht. Die Mehrkosten von 3,5 Milliarden Euro jährlich wären gut angelegtes Geld. Denn das beste Rezept von morgen ist die Armutsverhinderung von heute. Perspektivisch werden die Sozialkassen dadurch entlastet.