Caren Lay auf Sommertour im Wahlkreis

03.08.2012
Caren Lay im Biosphärenreservat mit Heiko Kosel, MdL und dem Kreisvorsitzenden Sven Scheidemantel

Meine diesjährige Sommertour steht jahreszeitgemäß unter dem Motto Tourismus. Mein Wahlkreis Bautzen liegt in der Oberlausitz und hat in dieser Hinsicht einiges zu bieten. Zu Beginn stand ein Gespräch mit der Marketing-Gesellschaft Oberlausitz, die mit der Entwicklung der Dachmarke und der Vermarktung des Tourismus in der Region betraut ist. Der Tourismus hat sich insgesamt sehr positiv in der Region entwickelt. Inzwischen gibt es 1,8 Millionen Übernachtungen im Jahr. Das bedeutet einen Anstieg von über 17%, was zum Teil auf die Landesgartenschau in Löbau zurückzuführen ist.

Caren Lay (2.v.l.) und Ilja Seifert (vorn) auf Entdeckungstour im Lausitzer Seenland

Dennoch wird der Tourismus als Wirtschaftszweig noch immer unterschätzt und vernachlässigt. So wird beispielsweise in Österreich pro Übernachtung im Bereich Marketing 2-2,50€ investiert, in der Oberlausitz sind es jedoch nur 0,50€. Hier ist auch der Bund gefragt, den Wirtschaftszweig Tourismus entsprechend wert zu schätzen. Ein konkretes Problem für den Tourismus in der Region ist weiterhin die Änderung der EU-Förderrichtlinien, nach der nur noch binationale, keine trinationalen Projekte förderfähig sind. Dabei ist die Verortung der Oberlausitz im Dreiländereck einer der wichtigen Standortmerkmale der Oberlausitz. Zunehmen wird die Region auch von polnischen und tschechischen Gästen bereist.

Besuch in der Energiefabrik Knappenrode - hier die Kopftücher der Kohlefrauen

Festzuhalten bleibt außerdem, dass zum attraktiven Tourismus auch attraktive Löhne für die Beschäftigten in diesem Bereich gehören: So bekommt ein Angestellter im Hotel- und Gaststättengewerbe in Baden-Württemberg bis zu 2€ pro Stunde mehr Tariflohn als in Sachsen. Auch für die Tourismusbranche zählt, dass ein flächendeckender Mindestlohn her muss!

Weiter ging es zum Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Heiko Kosel und dem Kreisvorsitzenden der LINKEN Sven Scheidemantel. Hier geht es darum, eine über Jahrhunderte gewachsene Kulturlandschaft zu erhalten und die nachhaltige Teichbewirtschaftung zu unterstützen, sowie Bildungsarbeit über diese einzigartige Landschaft zu befördern.Tausende Schülerinnen und Schüler werden hier jährlich mit der Natur vertraut gemacht. Ich empfehle den Kurs Junior-Ranger. Die Oberlausitzer Teichlandschaft zeichnet sich durch beeindruckende Flora und Fauna aus: Wölfe, Seeadler, die größte Fischotterpopulation in Mitteleuropa, sogar Waschbären und Elche sind hier zuhause. Politischer Diskussionspunkt war die Vermarktung des Bio-Karpfens sowie die Methoden der Kormoran-Vergrämung, bei der es unterschiedliche Einschätzungen gibt.

Die letzte Station auf Krabatmühle in Schwarzkollm, wo nach der sorbischen Krabat-Sage der Schwarze Müller sein Unwesen trieb. Durch ehrenamtliches Engagement und die Leitung von Langzeitarbeitslosen und Wandergesellen wurde hier - lange Zeit komplett ohne öffentliche Förderung - ein Vierseitenhof errichtet, der die Stationen der Krabat-Sage aufzeigt. Heute gilt die Krabatmühle als der erfolgreichste Touristenmagnet weit und breit, arbeitet aber weitgehend nicht-kommerziell. Besonders freut mich, dass das nächste Haus im Anwesen nach einem meiner Lieblingsautoren, Juri Brezan, benannt werden soll, der die Krabatsage ins Deutsche übersetzt und damit berühmt gemacht hat.

Zum Abschluss ging es zum Grillen in mein Wahlkreisbüro in Hoyerswerda, an dem viele Genossinnen und Genossen und die rheinland-pfälzische Abgeordnete Katrin Werner teilnahmen, die zu Besuch bei ihren Eltern in meinem Wahlkreis war.

Wir starteten den zweiten Tag im Projektbüro Lausitzer Seenland in Hoyerswerda. Die nächste Station war der Geierswalder See, zu der uns ein Vertreter vom Förderverein Wasserwelt Geierswalde sowie ansässige Unternehmer begleiteten. Außerdem freuten wir uns, dass auch der Vertreter im Tourismusausschuss, MdB Ilja Seifert und sein Team, mit Interesse dabei war.

Das Lausitzer Seenland ist eine im Entstehen begriffene Landschaft, die durch die Flutung der ehemaligen Braunkohletagebaugebiete der Lausitz entwickelt wird. Bereits vor zwei Jahren habe ich meine Sommertour speziell durch das Lausitzer Seenland gemacht und wollte mich über die Fortschritte informieren und erfahren, wie die Probleme von damals heute gelöst werden. Eines der großen Schwierigkeiten für die Entwicklung bestand darin, dass mitten durch das Seenland die Landesgrenze von Sachsen und Brandenburg verläuft – mit allen Hürden und Konsequenzen der unterschiedlichen Gesetze und Zuständigkeiten. Umso überraschter war ich, als ich feststellen musste, dass das Projektbüro bereits im Herbst diesen Jahres geschlossen werden soll, zumal sich im weiteren Verlauf des Tages herausstellte, dass die grundlegenden Probleme noch lange nicht gelöst sind. Vor zwei Jahren stritt man noch über die Farbe der Beschilderung der Radwege, heute geht es um die zulässige Höchstgeschwindigkeit der Schifffahrt. So darf auf dem selben See unter sächsischen Hoheit bis zu 30km/h gebrettert werden, wird am Brandenburger Ufer eine beschauliche Geschwindigkeit von 12km/h festgelegt. Entscheidende Fehler wurden vor allem in der Anfangsphase des Lausitzer Seenlandes gemacht – viele der Bebauungspläne sahen für Investitionen für Hotels und Gastronomie vor und die natürlich gewachsenen Ufer wurden zum Naturschutzgebiet erklärt. Aufgrund der Gefahren durch den Bergbau sind nun viele der „gekippten“ Flächen nicht mehr zu Bebauung zugelassen. Im Ergebnis fehlen Hotels, Gaststätten und sonstige Übernachtungsmöglichkeiten. Den Tausch dieser Flächen voranzubringen ist eine der dringenden Aufgaben, neben der Verkehrsanbindung auf Straße und Schiene. Auch in den letzten beiden Jahren hat sich das Grundproblem auf der sächsischen Seite nicht gelöst: weder der Ministerpräsident noch der Wirtschaftsminister bringen die Entwicklung des Lausitzer Seenlandes mit dem Engagement, den finanziellen Mitteln und dem Herzblut voran, das nötig wäre. Warum zum Beispiel fahren in der Hauptsaison keine Touristenzüge von Dresden nach Hoyerswerda.

Am Nachmittag besuchten wir Panschwitz-Kuckau. Das Zisterzienserinnenkloster St. Marienstern weißt eine über 600jährige Tradition vor und hat auch heute noch eine besondere Anziehungskraft für die Region. Neben den ursprünglichen Erzeugnissen ist die Behindertenwerkstatt sowie die Förderschule eine der größten Arbeitgeberinnen im Umkreis. Das Kloster liegt an der Via sacra, einer neuen touristischen Route, die im Dreiländereck auf alten Handels- und Pilgerwegen zu außergewöhnlichen sakralen Bauwerken führt. Besonders in Erinnerung blieb folgende Geschichte: der Brückenheilige Böhmens, Johannes Nepomuk, wird in einer modernen Interpretation zum Sinnbild für das Zusammenwachsen im Raum Tschechien – Polen – Deutschland. Das unterstreicht die Forderung nach Öffnung der EU-Förderung für trinationale Projekte.

Bei diesen und beim folgenden Besuch des Ortes Rammenau begleitete uns MdB Katrin Werner. Rammenau wurde erst kürzlich als schönster Ort Sachsens gekürt – auch für den bundesweiten Wettbewerb 2013 wünschen wir alles Gute.

Am bekanntesten ist sicherlich das Barockschloss Rammenau mit seinen zahlreisen Exponaten, dem beeindruckenden Gartenanlagen sowie der prächtigen Architektur. Auch der Hang des mitteleuropäischen Adels zum Prunk und deren Faszination für Luxusgüter aus fernen Ländern, die eine der Antriebsfedern für die Eroberung und Unterwerfung ganzer Kontinente war, bilden sich hier ab. Für politische Diskussionen sorgte in der Vergangenheit auch die Idee der Erhebung von Eintrittsgelder für die öffentlich zugänglichen Parkanlagen.

Genauso heiß diskutiert ist das Verhältnis zum berühmtesten Sohn der Stadt: Johann Gottlieb Fichte, der in diesem Jahr seinen 250. Geburtstag feiert. Er wurde von vielen als idealistischer Philosoph geschätzt, steht jedoch wegen nationalistischer und antijüdischer Äußerungen in Kritik. Das geplante Fichtemuseum sollte diese Ambivalenz zum Ausdruck bringen.

Den dritten Tag meiner Sommertour unter dem Überbegriff Tourismus starteten wir in der Energiefabrik Knappenrode. Die neue Leiterin, Frau Zinke, erläuterte uns anschaulich die Entwicklung der letzten Jahre und Monate. Beim gemeinsamen Rundgang wurde mir noch einmal vor Augen geführt, welchen ungehobenen Schatz die Region mit der Industriekultur hat. Die ehemalige Brikettfabrik in Knappenrode feiert 2014 ihren 100. Geburtstag. Sie war eine der wichtigsten Brikettfabriken für die Versorgung der Großstadt Berlin. Noch zu DDR-Zeiten wurde hier ein „Winterkampf“ geführt – d.h. in der sozialistischen Volkswirtschaft durften die Lichter nicht ausgehen. In den frühen 90er Jahren wurde der Betrieb geschlossen, was für das gesamte Dorf die Arbeitslosigkeit bedeutete. Heute greift das Museum genau diese Geschichte auf, konserviert die Geräte und die Fabrikgebäude und macht sie der Nachwelt zugänglich.

Ich besuchte die Energiefabrik schon häufiger, freue mich über neue Exponate und Entwicklungen. Das ist nicht selbstverständlich, denn viele Jahre habe ich kritisiert, dass das reichhaltige Erbe der Arbeiter- und Industriekultur von der konservativen Landesregierung nicht ausreichend gewürdigt wird, die sich eher dem barocken Protz verpflichtet gefühlt hat. Die skandalöse jährliche Abschmelzung der Mittel wurde in der Zwischenzeit allerdings gestoppt. Das bedeutet zwar noch keine ausreichende Finanzierung der Industriekultur, aber es zeigt: Opposition lohnt sich! Ich bin schon alleine aus persönlichen Gründen ein großer Fan der Industriekultur: Mein Urgroßvater ging „auf die Lay“ – also in den Steinbruch, meine Uroma und mein Opa brachten in der Mittagspause die Suppe hinterher. Industrie- und ArbeiterInnengeschichte einen Platz im kulturellen Gedächtnis einzuräumen ist mir sehr wichtig. Deshalb unterstütze ich selbstverständlich den Wunsch der neuen Geschäftsführerin, Frau Zinke, der Industriekultur in Sachsen endlich den Stellenwert eigenständiger Kulturtradition einzuräumen, der ihr gebührt.

Unsere letzte Station war das Stadtmuseum Hoyerswerda im Stadtschloss. Hier wird die Geschichte der Stadt und der Lausitzer Kultur von der Vor- und Frühgeschichte bis zum Neubau der Hoyerswerdaer Neustadt als sozialistische Musterstadt dargestellt. Leider ist die Arbeit im Museum sowie im angegliederten Zoo gefährdet. Die sächsische Landesregierung hat mit der Novelle des Sächsischen Kulturraumgesetztes vor zwei Jahren ein Streich-Konzert angestimmt, dass die Kulturschaffenden im Land nun ausbaden müssen. Alleine in der Stadt Hoyerswerda werden im nächsten Jahr 100.000 bis 400.000 Euro weniger für Kultur zur Verfügung stehen – es ist beschämend, wenn gleichzeitig im Bundestag abgestimmt wird, dass Milliarden für Banken ausgegeben werden.