Der Graue Kapitalmarkt ist ein Sumpf, den man trockenlegen muss.

23.04.2015
Caren Lay, DIE LINKE: Grauer Kapitalmarkt ist ein Sumpf!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die Regulierung des Grauen Kapitalmarktes und der Schutz von Kleinanlegern sind sinnvoll und vor allen Dingen längst überfällig.

Das sagen wir als Linke nicht erst seit Prokon. Das sagen wir seit der Lehman-Pleite, seit der Finanzmarktkrise. Deswegen haben wir schon vor vier Jahren Anträge eingebracht, in denen wir forderten: Der Graue Kapitalmarkt muss an die Leine gelegt werden.

Es ist nicht nur für uns als Linke ärgerlich, sondern vor allen Dingen für die vielen, die von Prokon geprellt wurden, dass unsere Vorschläge damals nicht angenommen wurden. Das hätte Tausenden Menschen den Verlust ihrer Geldanlagen ersparen können.

Es hat leider zu lange gedauert, aber wir freuen uns natürlich, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Finanzmärkten besser geschützt werden sollen. Es ist zum Beispiel ein Schritt in die richtige Richtung, die Befugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, also der BaFin, weiter auszubauen. Wir als Linke fordern schon lange: Wir brauchen eine schlagkräftige Aufsicht für die Finanzmärkte, und das heißt mindestens: eine Aufsicht, die warnen muss und nicht nur warnen kann.

Dabei darf es aus unserer Sicht jedoch nicht bleiben. Wir fordern schon seit vielen Jahren: Wir brauchen einen Finanz-TÜV, der dafür sorgt, dass Schrott überhaupt nicht auf den Markt kommt. Darauf kommt es im Endeffekt an. Am besten wäre es also, die Produkte vor der Zulassung zu prüfen.

Wir stehen mit unserer Kritik nicht alleine da. Ich darf an die Anhörung im März erinnern. Dort hat beispielsweise Professor Oehler es ganz gut auf den Punkt gebracht:Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen Sie es maximal, dass der Graue Kapitalmarkt von dunkelgrau in hellgrau wechselt. Dabei darf es nicht stehen bleiben. Der Graue Kapitalmarkt ist ein Sumpf, den man trockenlegen muss.

Neben der deutlichen Vereinfachung von Produkten, die er fordert, und neben der Definition von Mindestanforderungen kritisiert er auch völlig zu Recht die Zersplitterung der Aufsicht. Ich habe wirklich kein Verständnis dafür, dass die Koalition nicht die Chance genutzt hat, dieses unsinnige Nebeneinander von Gewerbeaufsicht und BaFin bei der Kontrolle von Finanzprodukten aufzulösen.

Die vielen freien Finanzvermittler bleiben weiterhin der laxen Gewerbeaufsicht unterstellt, die fachlich nicht ausgebildet ist. Dort gehört die Aufsicht nun wirklich nicht hin. Wir sagen auch: Solange die Zuständigkeiten nicht konzentriert werden, brauchen wir nicht von einer effektiven Aufsicht zu sprechen.

Ich möchte einen Punkt ansprechen, der für uns als Linke besonders wichtig ist und der auch in der Debatte eine große Rolle gespielt hat: Es geht um die sozialen Projekte aus dem Bereich der solidarischen Ökonomie. Beinahe wäre hier das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden. Bei aller Notwendigkeit, die wir natürlich sehen, den Grauen Kapitalmarkt zu regulieren und die Kleinanleger zu schützen, muss man unterscheiden zwischen denen, die auf Kosten der Kleinanleger eine schnelle Mark machen wollen, und denen, die Geld einsammeln, um Dorfläden, Konsumgenossenschaften oder freie Schulen zu gründen oder, wie das Mietshäuser Syndikat, Häuser vom Markt nehmen, um Wohnraum zu günstigen Mieten anzubieten, und das ‑ das ist das Entscheidende ‑ ohne Profitstreben, ohne Provision und ohne professionellen Vertrieb. Ich freue mich, dass es viele Projekte der solidarischen Ökonomie gibt, bei denen Bürgerinnen und Bürger Gemeinsinn über Profitstreben stellen. Solche Projekte müssen anders behandelt werden als windige Geschäftemacher.

Wir haben deswegen eine Vertreterin des Mietshäuser Syndikats in die Anhörung eingeladen, die dort aus ihrer Sicht ‑ Pars pro toto ‑ die vielen Projekte der solidarischen Ökonomie vorstellen konnte. Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass ich es gut finde, dass die Koalition sich das angehört hat und sich offen gezeigt hat, das Anliegen dieser Initiativen ernst zu nehmen.

Die Kriterien für die solidarische Ökonomie hätten wir im Detail anders geregelt ‑ zwei habe ich genannt ‑, trotzdem glaube ich, dass jetzt vielen Projekten die Existenzängste genommen werden können. Ich hoffe, dass viele Mieterinnen und Mieter, viele Dorfläden und Konsumgenossenschaften davon profitieren. Ich weiß, dass Forderungen gestellt werden. Das Mietshäuser Syndikat zum Beispiel sagt, ein Volumen von 2,5 Millionen Euro reiche nicht, wenn man in einer deutschen Großstadt investieren möchte. Ich denke, darüber müssen wir im Zuge der Evaluation noch einmal debattieren.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss auf einige Punkte zu sprechen kommen, die aus meiner Sicht für den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher relevant sind. Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher wirklich eine mündige Entscheidung treffen sollen, dann brauchen sie verständliche, vor allen Dingen aber vergleichbare Informationen. Die Prospekte sind für die Endverbraucherinnen und -verbraucher leider häufig zu umfangreich und zu unverständlich. Diese Prospekte sind auch kein Garant. Wir wissen zum Beispiel, dass Prokon ein solches Prospekt hatte. Wir Verbraucherpolitikerinnen und Verbraucherpolitiker kennen diese Debatte von den sogenannten Beipackzetteln, also von den Produktinformationsblättern bei Wertpapieren. Sinnvoll wäre ein kurzes, vor allen Dingen standardisiertes Informationsblatt für Vermögensanlagen, das jeder und jede versteht. Hier muss aus unserer Sicht noch nachgebessert werden.

Heute wird die lange Leine, an der der Graue Kapitalmarkt leider jahrelang geführt wurde, um ein paar Zentimeter gekürzt. Das ist kein großer Wurf, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Deswegen werden wir uns der Stimme enthalten.

Vielen Dank.

Buchempfehlung:
Buchcover

Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.