Mietpreisbremse: Weiter so reicht nicht!

14.02.2020
Caren Lay, DIE LINKE: Mietpreisbremse: Weiter so reicht nicht!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, die Verlängerung der Mietpreisbremse ist längst überfällig. Deswegen haben wir sie als LINKE hier auch mehrfach beantragt. Aber eine Verlängerung der Mietpreisbremse muss natürlich mit einer grundlegenden Nachbesserung der Mietpreisbremse verbunden sein. In ihrer jetzigen Form wirkt sie ja offenbar nicht.

Allein hier in Berlin haben sich die Preise bei neuen Mietverträgen in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Daran haben auch fünf Jahre Mietpreisbremse nichts geändert, und in vielen anderen deutschen Städten sieht es nicht besser aus. Also die Einschätzung, dass sich die Mietenexplosion jetzt dank der Mietpreisbremse verlangsamt, können wir als LINKE nicht teilen.

Wenn es so wäre, wäre das weniger auf die Mietpreisbremse zurückzuführen als darauf, dass sich einfach niemand mehr findet, der diese Mondpreise überhaupt noch bezahlen kann. In den Speckgürteln der Metropolen geht es mit der Mietenexplosion jetzt erst richtig los. Es gibt also leider keinen Grund zur Entwarnung!

Deswegen fordern wir hier als LINKE im Übrigen schon seit zehn Jahren: Wenn die Mietpreisbremse wirklich wirken soll, dann muss sie wirklich bremsen und darf nicht noch die Möglichkeit, die Mietpreise um 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu erhöhen, gesetzlich vorsehen. Sie muss flächendeckend gelten, anstatt es jedem Land zu überlassen, mit eigenen Rechtsverordnungen das Ganze noch mal rechtssicher auszugestalten. Außerdem muss sie auch ohne Ausnahmen gelten!

Denn was passiert? Viele Vermieter flüchten sich in teure Modernisierungen und in die Vermietung möblierter Wohnungen, weil Modernisierungen und möblierte Wohnungen aus der Mietpreisbremse ausgenommen sind. Das muss sich endlich ändern! Schließlich, meine Damen und Herren: Ein Gesetz kann eben nur wirken, wenn Verstöße auch wirklich bestraft werden. Aber wer die Mietpreisbremse umgeht, bleibt straffrei - und das kann einfach nicht sein!

Die Koalition rühmt sich heute mit der Einführung der Rückzahlungspflicht. Zu viel verlangte Miete soll nun also von Mietbeginn an zurückgezahlt werden. Das finden wir richtig; das fordern auch wir LINKE seit vielen Jahren. Doch leider gilt in dem Entwurf, der jetzt zur Abstimmung steht, die Rückzahlungspflicht nur für neue Mietverträge. Das war ursprünglich anders vorgesehen. Das heißt aber in der Praxis: Wer in den letzten fünf Jahren von seinem Vermieter geprellt wurde, bekommt sein Geld eben nicht von Mietbeginn an zurück. Die Vermieter bleiben also straffrei und dürfen die zu viel geforderte Miete auch noch behalten. Das ist keine Reform; das ist doch Augenwischerei!

Nein, meine Damen und Herren, eine wirkliche Reform der Mietpreisbremse ist das nicht. Der Gesetzentwurf kommt zu spät und greift zu kurz. Mit halbherzigen Reförmchen bekommen wir den Mietenwahnsinn nicht in den Griff!

Auch dieses Mal war es die Union, die den Gesetzentwurf verwässert und sinnvolle Vorschläge aus dem Justizministerium zum Nachteil der Mieterinnen und Mieter beschnitten hat. Auch hier erweist sich die Union eben nicht als Verbündete der Mieterinnen und Mieter, sondern als Gegnerin der Mieterinnen und Mieter. Sie machen einfach Politik für diejenigen, die vom Mietenwahnsinn profitieren. Das ist die Wahrheit; denn was für die einen der Mietenwahnsinn ist, ist der Gewinn für die anderen.

Die oberen 10 Prozent der Bevölkerung besitzen 60 Prozent der Immobilien. Das heißt, vom Immobilienboom profitieren vor allen Dingen Reiche. Die obere Mittelschicht konnte ihr Vermögen seit 2011 verdoppeln. Dazu hat dieser ungebremste Mietenwahnsinn beigetragen. Das heißt, die Mietenkrise hat Reiche noch reicher und Mieterinnen und Mieter ärmer gemacht. Das sind die Fakten, und mit Ihrer Tatenlosigkeit verschärfen Sie die soziale Spaltung in diesem Land, und das werden wir als LINKE niemals akzeptieren!

Wir wollen, dass Mieten gedeckelt werden! Wir wollen keine Mieterhöhungen über dem Inflationsausgleich. Die Mieterinnen und Mieter haben sich eine Atempause verdient! Aber während die Bundesregierung dabei versagt, die Mieten wirkungsvoll zu deckeln, hat jetzt Berlin mit Rot-Rot-Grün und mit einer linken Bausenatorin endlich das erste wirkungsvolle Gesetz zu einem Mietendeckel in einem Bundesland vorgelegt. Diesem guten Beispiel sollten weitere Bundesländer folgen!

Ausgerechnet diejenigen, die hier seit Jahren jeden wirkungsvollen Mieterschutz verhindern, ziehen jetzt vor das Bundesverfassungsgericht, um den Berliner Mietendeckel zu verhindern, nämlich CDU, FDP und AfD, also das gleiche unheilvolle Bündnis, das sich kürzlich erst in Thüringen blamiert hat. Sie bitten also das Bundesverfassungsgericht um die alleinige Zuständigkeit für ein Thema, bei dem Sie doch jahrelang überhaupt nicht gehandelt haben. Ich finde das wirklich unanständig!

Millionen Mieterinnen und Mieter erhoffen sich von diesem Mietendeckel endlich die Atempause, die sie verdient haben. Sie wollen sie verhindern und sind auch noch stolz darauf, posten Fotos im Internet, die zeigen, wie Sie die Klage unterschreiben. Ich finde, Sie sollten sich wirklich schämen!

Ein letztes Wort zur AfD: Sie haben hier Wahlkampf gemacht und die etablierten Parteien beschimpft. Kaum sind Sie in den Bundestag eingezogen, streichen Sie eine fette Spende von einem Berliner Baulöwen ein, und als kleines Dankeschön reichen Sie dann eine Klage gegen den Mietendeckel ein. Das ist doch wirklich Bestechung. Das ist gekaufte Politik! Das werden wir als Demokratinnen und Demokraten niemals akzeptieren!

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.