Fast 30.000 Wohnungen zwangsgeräumt in 2022

06.12.2023

Die Zahl der aus ihren Wohnungen geräumten Haushalte ist mit rund 30.000 im Jahr 2022
anhaltend hoch. Damit blieb die Zahl im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleich, bei mehr
als 80 pro Tag. Die Aufträge zu Zwangsräumungen sind im vergangenen Jahr um rund
4.000 auf rund 49.000 angestiegen. Doch nicht jeder Auftrag wird tatsächlich vollstreckt.
Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Frage von Caren Lay,
Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
hervor.
Vor allem in Brandenburg und Schleswig-Hollstein vollstreckten Gerichtsvollzieher mehr
Räumungen als im Jahr zuvor. Die meisten Zwangsräumungen wurden in Nordrhein-
Westpalen (8.690), in Bayern (2.579), in Niedersachsen (2.288) und in Sachsen (2.265)
vollstreckt. Gemessen an den Zahlen von Einwohnerinnen und Einwohnern, verzeichnen
Bremen, Sachsen und Sachsen-Anhalt die meisten Zwangsräumungen. In Nordrhein-
Westphalen wurden ganze 24 Zwangsräumungen pro Tag durchgeführt. Sachsen ist erneut
Räumungsmeister Ostdeutschlands. Mit sechs Zwangsräumungen am Tag liegt Sachsen
nur knapp hinter Bayern mit sieben, obwohl Bayern dreimal so viel Bevölkerung hat.
Mietschulden sind die häufigste Ursache für den Wohnungsverlust. Aus Sachsen gab es
kürzlich Berichte, die langen Bearbeitungszeiten für Wohngeldanträge würden in der
Zwischenzeit zu Kündigungen führen. Denn kann eine Person seine Miete nicht zahlen
und muss Monate lang auf die Unterstützung des Wohngelds warten, so können schnell
zwei Monatsmieten Zahlungsrückstand entstehen, was ein Kündigungsgrund ist. Das
Problem ist bundesweit bekannt. Die Bundesregierung hat versäumt, den
Kündigungsschutz derart zu verbessern, dass eine Nachzahlung der Mietschulden die
Kündigung und Räumung abwenden kann. Bisher sind überhaupt keine der angekündigten
Reformen für ein sozialeres Mietrecht von der Ampelregierung vorgelegt worden. Die
Mieten werden weiter erhöht. Die Unterstützung bei Energiepreisen läuft Ende des Jahres
aus. Viele können die gesteigerten Mieten und Nebenkosten nicht mehr zahlen.
Dazu erklärt Caren Lay:
„Wenn die Bundesregierung nicht handelt, werden noch mehr Menschen ihre Wohnungen
und ihr Zuhause verlieren, denn die Mieten werden extrem angehoben. Gerade jetzt im
Winter brauchen alle ein warmes und sicheres Zuhause. Niemand soll seine Wohnung
verlieren. Jede Zwangsräumung ist eine zu viel. Als LINKE fordern wir: Kündigungen
müssen bei Nachzahlungen der Mietrückstände aufgehoben werden. Räumungen in die
Wohnungslosigkeit wollen wir gänzlich untersagen. Um die Belastung durch Wohnkosten
zu begrenzen, fordern wir einen bundesweiten Mietenstopp. Vor den langen Wartezeiten
bei der Beantragung von Wohngeld hatte ich gewarnt und Vereinfachungen vorgeschlagen.
In schwierigen Lagen muss der Bezug von Wohngeld schnell und einfach gehen.“

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.