Verbraucherinnen und Verbraucher im Wettbewerbsrecht endlich stärken

15.06.2012
Caren Lay, DIE LINKE: Verbraucherinnen und Verbraucher im Wettbewerbsrecht endlich stärken

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

In einem sind wir uns hoffentlich einig: Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen im Wettbewerbsrecht endlich gestärkt werden, denn die Bürgerinnen und Bürger sind die Leidtragenden von Monopolen und Preisabsprachen. Ob bei Kaffee-, Benzin- oder Strompreisen, die Schäden für die Verbraucherinnen und Verbraucher sind enorm. Die Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen nach Berechnungen des Umweltbundesamtes allein 10 bis 15 Milliarden Euro im Jahr zu viel an die Stromkonzerne. Ich finde, das kann man so nicht hinnehmen. Das ist wertvolles Geld, das den Bürgerinnen und Bürgern im Portemonnaie fehlt. Das müssen wir endlich angehen.

Mit dem Gesetzentwurf, den die Koalition hier vorgelegt hat, wird das leider nicht geändert. Dieser Gesetzentwurf ist reine Symbolpolitik. Dieser Gesetzentwurf ist einfach nur Augenwischerei. Ich will Ihnen das an einigen Beispielen erläutern:

Erstens: die angebliche Stärkung der Verbraucherverbände im Kartellrecht. Die Verbraucherverbände selbst sagen, dass durch diesen Gesetzentwurf kein messbarer Fortschritt zu erwarten ist. Das sollte Ihnen zu denken geben. Die Möglichkeiten, die Sie den Verbraucherverbänden einräumen, werden nicht greifen. Wir wissen doch, dass das in der Realität so nicht funktioniert. Die Beweislast soll bei den Verbraucherverbänden liegen. Die Schäden sollen sie selbst ermitteln. Das ist doch völlig unrealistisch. Das ist unpraktikabel. So funktioniert das einfach nicht.

Eines ist für uns als Linke völlig klar: Wenn es Preisabsprachen und Kartellverstöße gibt, zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher Milliarden Euro zu viel. Dieses Geld aus Unrechtsgewinnen müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher in vollem Umfang zurückerhalten.

Bisher stehen die Bußgelder ‑ dieses Beispiel ist schon genannt worden ‑ in keinem Verhältnis zu den Unrechtsgewinnen der Unternehmen. Beispiel Kaffee: Geschätzt 4,8 Milliarden Euro haben die Unternehmen aufgrund des Kaffeerösterkartells zu viel verdient. Die Bußgelder betrugen gerade einmal 160 Millionen Euro. Das steht in keinem Verhältnis. An diese Regelungen müssen wir endlich heran. Wir als Linke sagen gemeinsam mit dem vzbv: Wir wollen dieses Geld in vollem Umfang zurückfordern.

Ich finde, dass dieses Geld nicht einfach in das Staatssäckel wandern sollte. Es sollte, wann immer es geht, den Verbraucherinnen und Verbrauchern individuell zugutekommen. Für die Fälle, in denen das nicht möglich ist, hat Ministerin Aigner einen durchaus interessanten Vorschlag gemacht. Sie hat gesagt: Dieses Geld aus den Kartellstrafen soll der Verbraucherarbeit zugutekommen. Das wären trotz der gerade skizzierten laschen Regelung in den letzten zehn Jahren immerhin 1 Milliarde Euro gewesen. Das sind für uns Verbraucherschützer ganz utopische Summen. Die Verbraucherministerin ist leider ihrem Ruf als Ankündigungsministerin wieder gerecht geworden. Ich hätte mich gefreut, wenn sie zumindest an der heutigen Debatte, in der es ja um die Verbraucherrechte geht, teilgenommen hätte.

Ein letztes Beispiel: die Strompreise. Sie schlagen vor, bestehende Regelungen zu verlängern. Ich sage: Das wird es nicht bringen; denn es hat auch schon in den letzten Jahren nicht funktioniert. In den letzten Jahren hat die Missbrauchsaufsicht den enormen Anstieg der Strompreise nicht eindämmen können. In den letzten zehn Jahren haben sich die Strompreise verdoppelt. Im gleichen Zeitraum haben die vier Energieriesen über 100 Milliarden Euro Gewinne eingestrichen. Deswegen sage ich hier ganz klar: Das Problem ist nicht der Missbrauch, sondern das Problem sind die vier großen Energieriesen, die den gesamten Markt beherrschen, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern das Geld aus der Tasche ziehen und das eigene Säckel damit füllen. Das ist der Regelfall auf dem Strommarkt. Dieses Problem müssen wir endlich angehen.

Wir als Linke sagen: Wir brauchen eine staatliche Preisaufsicht. Wir wollen diese Konzerne auch entflechten. Mit diesem Gesetzentwurf kommen wir bei der Entflechtung keinen Schritt voran. Dieser Gesetzentwurf dient nicht dem Verbraucherschutz, er dient bestenfalls der Verbrauchertäuschung.

Vielen Dank.

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Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.