Dispo-Zinsen müssen endlich gedeckelt werden

19.10.2012
Caren Lay, DIE LINKE: Dispo-Zinsen müssen endlich gedeckelt werden

Frau Präsidentin!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ja, Herr Wanderwitz, Sie haben recht: Wir diskutieren in dieser Legislaturperiode das dritte Mal über die Deckelung von Dispozinsen. Leider haben Sie vergessen, zu erwähnen, dass wir das dritte Mal auf Grundlage eines Antrages der Linken über die Deckelung der Dispozinsen diskutieren. Ich möchte Sie an dieser Stelle fragen: Wo ist eigentlich der Antrag der Koalition zu diesem Thema?

Aktuell liegt der durchschnittliche Dispozinssatz in Deutschland laut Stiftung Warentest ‑ diese Zahl haben wir ‑ bei fast 12 Prozent, lassen Sie es meinetwegen 10 Prozent sein. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es Banken gibt, die Dispozinsen von über 15 Prozent verlangen. Es ändert auch nichts an der Tatsache, dass sich die Banken ihr Geld für gerade einmal 0,75 Prozent leihen. Das heißt, da liegt eine Gewinnspanne von 11 Prozentpunkten ‑ oder lassen Sie es 9 sein ‑ dazwischen. Das ist viel zu viel. Das geht zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher, und deswegen muss der Gesetzgeber endlich handeln.

Die Frage ist: Wen trifft das eigentlich? Das trifft vor allen Dingen Geringverdiener, das betrifft Menschen, die keinen Kleinkredit bekommen würden, das heißt, die Banken verdienen ihre Milliarden an den Geringverdienern, die sowieso schon nichts zu verschenken haben. Das sind diejenigen Menschen, die nicht von heute auf morgen ihre Bank wechseln können, das sind Menschen, die vielleicht froh sind, dass sie überhaupt ein Girokonto haben ‑ Sie stehen immer noch in der Pflicht, das Recht auf ein Girokonto festzuschreiben ‑, und deswegen zielen Ihre Argumente völlig ins Leere.

Wir als Linke bringen jetzt zum dritten Mal einen Antrag zu diesem Thema in den Deutschen Bundestag ein. Wir fordern nach wie vor die Begrenzung der Dispo- und Überziehungszinsen. Wir sagen: 5 Prozent über dem Basiszinssatz sind genug für einen Dispokredit. Was tut die Bundesregierung? Es ist schon erwähnt worden: Sie lädt zu Kaffeekränzchen ein, und es werden dauernd Gutachten in Auftrag gegeben, in denen interessante Sachen festgestellt werden ‑ ich darf zitieren ‑:

… dass die Erträge aus dem Dispokreditgeschäft die Kosten, die dem Kreditinstitut … entstehen, deutlich übersteigen, …

Das heißt doch übersetzt nichts anderes: Die Banken zocken ab und sanieren sich auf Kosten ihrer ärmsten Kundinnen und Kunde!

Das gern bemühte Argument, dass die Banken diese Gewinnspannen brauchen, um beispielsweise das hohe Ausfallrisiko bei der Kreditvergabe aufzufangen, stimmt einfach nicht. Das belegt übrigens auch das Gutachten der Ministerin. Die Bearbeitungskosten haben sich in den vergangenen Jahren überhaupt nicht erhöht, und das Ausfallrisiko bei Dispo-Krediten liegt gerade einmal bei 0,3 Prozent. Es gibt also keinen einzigen Grund, sich mit diesen Argumenten die Untätigkeit der Regierung schönzureden.

Sie selber wissen genau, dass die Schutzbehauptungen der Banken nicht stimmen. Trotzdem weigern Sie sich, zu handeln. Da wird auf diskrete Ansprache und freiwillige Maßnahmen gesetzt. Sie bitten die Bankinstitute höflich um ein Gespräch, damit sie vielleicht das eine oder andere tun, aber welche Bank würde, ohne dass der Gesetzgeber eingreift, freiwillig auf Milliardengewinne verzichten wollen? Das Ergebnis des Gespräches der Ministerin mit den Banken und Verbraucherverbänden Anfang Oktober ist mehr als dürftig. Die Dispozinsen dürfen weiter völlig überhöht bleiben, aber die Banken versprechen, ihre abgezockten Kunden künftig besser zu informieren. Schönen Dank auch!

Wissen Sie, das ist genau der Unterschied zwischen der schwarz-gelben Verbraucherpolitik und der linken Verbraucherpolitik. Sie wollen, dass die Kunden bestenfalls im Kleingedruckten darüber informiert werden, in welcher Höhe sie abgezockt werden. Wir Linke sagen ganz klar: Wo den Verbraucherinnen und Verbrauchern so in die Tasche gegriffen wird, da muss der Gesetzgeber einfach handeln. Es wird höchste Zeit, dies endlich zu tun.

Wir haben es ausgerechnet: Würde das Hohe Haus unserem Vorschlag folgen, dann würden die Verbraucherinnen und Verbraucher alleine bei den Dispozinsen über 2 Milliarden Euro weniger an die Banken abdrücken. Wenn das kein Argument ist, dem Antrag der Linken zuzustimmen!

Ich freue mich auf die Debatte, und ich freue mich, dass hier im Hohen Hause endlich einmal eine Mehrheit für die Deckelung der Dispozinsen entstehen wird. Die SPD ist ‑ anders als beim letzten Mal ‑ unserem Anliegen schon gefolgt.

Ich hoffe, dass wir hier am Ende eine entsprechende Regelung hinbekommen können.

Vielen Dank.

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Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.