Wie wir DIE LINKE organisieren wollen

Aufgaben der Bundesgeschäftsführung der LINKEN

30.04.2010
Caren Lay und Werner Dreibus

DIE LINKE steht vor einer großen Aufgabe: Wir wollen die Politik sozialer Spaltung überwinden, die den Sozialstaat ruiniert, individuelle Freiheiten beschneidet und auf Krieg als Mittel der Politik setzt. Die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen ist der Maßstab unserer Politik.

In der Bevölkerung nimmt der Rückhalt für neoliberale und konservative Positionen ab. Das Verständnis für eine Politik, die einerseits Milliarden für die Bankenrettung bereitstellt, aber andererseits auf Lohndumping und Sozialabbau setzt, sinkt. Das Bundesverfassungsgericht hat in den letzten Jahren zahlreiche Gesetze kassiert, weil sie soziale Grund- und Freiheitsrechte verletzen – darunter die Regelsätze bei Hartz IV und die Vorratsdatenspeicherung. Eine Mehrheit der Bevölkerung ist gegen den Krieg. Auch in diesen Fragen vertritt DIE LINKE mehrheitsfähige Positionen wie zum Beispiel bei Gemeinschaftsschulen.

Daran knüpft DIE LINKE an. Die Voraussetzungen, neoliberale Hegemonie zu überwinden und ein Bündnis für sozialen Fortschritt zu schmieden, sind gewachsen. Wir wollen gemeinsam mit Gewerkschaften, außerparlamentarischen Organisationen und sozialen Bewegungen den gesellschaftlichen Widerstand organisieren, um die neoliberale Politik zu stoppen. Wir wollen in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen intervenieren, indem wir linke Alternativen benennen, konkrete Handlungsvorschläge unterbreiten, eine sozialere Welt mitgestalten und Reformprojekte voranbringen.

DIE LINKE entfaltet ihre Wirkung durch das Zusammenspiel von parlamentarischer und außerparlamentarischer Arbeit. Nur gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Akteuren können wir unser Ziel, die Welt zu verändern, realisieren. Wir haben schon vieles erreicht, um unsere Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Akteuren zu entwickeln. Dieses Engagement wollen wir fortsetzen – bei Demonstrationen und Kampagnen, bei der Entwicklung gesellschaftlicher Alternativen, in der Kooperation mit anderen Linken und bei der Einleitung eines Politikwechsels in der Bundesrepublik.

Es ist die Aufgabe der Bundesgeschäftsführung, für unsere Ziele, für die Politik der LINKEN den organisatorischen Rahmen zu schaffen. Als Kandidatin und Kandidat für die Bundesgeschäftsführung der LINKEN möchten wir im Folgenden unsere Vorstellungen, Überlegungen und Schwerpunkte, die wir in unserer zukünftigen Arbeit setzen wollen, zur Diskussion stellen.

Vor der LINKEN stehen große Aufgaben. Wir sind noch mitten im Parteibildungsprozess: Die Vereinigung der beiden Herkunftsparteien und unterschiedlichen politischen Kulturen zu einem gemeinsamen Politikverständnis, die Entwicklung eines gemeinsam getragenen Grundsatzprogramms, die Bewältigung eines Generationenwechsels in vielen Gliederungen der Partei, die Integration neuer Mitglieder und der Aufbau einer vergleichbaren Organisationskraft und Mitgliederstärke in den Ländern gehören dazu. Die Entwicklung von Kampagnenfähigkeit, neuen Mobilisierungsformen und anderes mehr stehen auf der Liste der zu erledigenden Arbeiten. Verteilen wir diese Aufgaben auf mehrere Schultern, können wir uns umso intensiver um ihre Bewältigung kümmern. Deshalb unterstützen wir den Vorschlag für eine doppelte Geschäftsführung und treten gemeinsam für diese Funktion an.

Unsere unterschiedlichen Biographien und unsere Verankerung in einem ost- und einem westdeutschen Landesverband sind sicherlich von Vorteil, wenn wir Lösungen finden müssen, die im Interesse der gesamten Partei sind. Wir freuen uns auf eine gute Teamarbeit und treten als Tandem zur Wahl der Bundesgeschäftsführung an.

Wir wollen eine Arbeitsteilung verabreden, die sich nicht an Landesgrenzen, sondern an Aufgaben orientiert. Wenn wir gewählt werden, wird diese Aufgabenteilung eindeutig und für alle transparent sein. Die Verantwortung für das Ganze tragen wir gemeinsam. Mit klarer und transparenter Arbeitsteilung bei gemeinsamer Verantwortung für das Ganze funktionieren Doppelspitzen. Das haben nicht nur Oskar und Lothar gezeigt, sondern auch Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow in ihrer Kooperation bei Parteiaufbau, Wahlkampforganisation und Gestaltung der Vereinigung.

Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Karl-Liebknecht-Haus stehen wir für eine moderne Geschäftsführung und wollen den Parteigliederungen als Unterstützer und Dienstleister zur Verfügung stehen. Wir stehen für ein demokratisches Führungs- und Politikverständnis, das auf Partizipation, Transparenz und innerparteiliche Demokratie setzt. Ein autoritäres und zentralistisches Partei- und Politikverständnis wird es mit uns nicht geben.

DIE LINKE ist stark mit einem klaren politischen Profil und vielen aktiven Mitgliedern, die sich engagiert in Bund, Ländern und Kommunen einmischen. So verändern wir das Land. Es ist die Aufgabe der Bundesgeschäftsführung, dafür die organisatorischen, personellen und strategischen Grundlagen bereitzustellen. In allen Punkten können wir dabei an die gute Arbeit von Dietmar Bartsch in den zurückliegenden Jahren anknüpfen. Es gibt bereits viele Vorhaben, die in der Bundesgeschäftsstelle begonnen wurden oder in Planung sind. Diese werden wir zum Erfolg bringen.

Gleichzeitig stellen wir auch neue Überlegungen zur Diskussion. Wir suchen den Dialog mit Euch. Hinweise, Kritiken und Vorschläge sind uns willkommen.

Partei aufbauen und integrieren

Das Zusammenwachsen der Partei ist noch in vollem Gange. Die Vereinigung zu vollenden ist eine der großen Aufgaben der kommenden Jahre. Unser Ziel ist eine starke LINKE, die ihre Pluralität produktiv nutzt. Statt unsere Unterschiede zu kultivieren, wollen wir den Dialog befördern und für ein stabiles Zentrum wirken. Differenzen wollen wir sachlich diskutieren. Diffamierungen und Stigmatisierungen anderer Positionen haben in einer demokratischen LINKEN nichts verloren. Dazu wollen wir beitragen, indem wir:

  • Beim Aufbau stabiler Parteistrukturen helfen
  • Ehrenamtliche Arbeit unterstützen
  • Dialog zwischen Ost und West, zwischen Strömungen sowie zwischen regierenden und opponierenden Landesverbänden eröffnen
  • Die innerparteilichen Zusammenschlüsse in ihrer inhaltlichen Arbeit und bei der öffentlichkeitswirksamen Darstellung ihrer Aktivitäten unterstützen
  • Parteidebatte fortführen und über den Stand des Parteiaufbaus regelmäßig berichten

Programmdebatte breit führen

Die Programmdebatte bietet die Chance, eine demokratische Diskussionskultur zu pflegen, Verständnis für unterschiedliche Herangehensweisen zu entwickeln und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Wir wollen die Debatte so organisieren, dass alle Mitglieder daran teilhaben können und Stellungnahmen der Basis zum Programm sorgfältig beachtet werden. Ziel ist es, am Ende ein Programm zu haben, das auch in einer Urabstimmung eine breite Mehrheit findet und ein gemeinsames Politikverständnis begründet. Dazu wollen wir:

  • Regionalkonferenzen landesverbandsübergreifend organisieren
  • Strittige Fragen offen und gezielt diskutieren, mit der Zielstellung, Gemeinsamkeiten zu definieren.
  • Ein internetbasierten Programmforum aufbauen, um die Weiterentwicklung des Programms auf möglich breite Grundlagen zu stellen
  • BündnispartnerInnen und externen Sachverstand einbeziehen
  • Das verabschiedete Programm auf allen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen) öffentlich kommunizieren

Innerparteiliche Demokratie

Innerparteiliche Demokratie spielt für unsere Mitgliedschaft eine große Rolle und ist uns ein wichtiger Maßstab. Wir wollen sie ausbauen und stärken und die Meinungsbildung zu allen Fragen auf eine breite Basis stellen. Dazu wollen wir z.B.:

  • Über Regionalforen, Mitgliederentscheide und Online-Befragungen die Meinung der Basis einholen
  • Unsere Debatten- und Diskussionskultur entwickeln, linke Pluralität produktiv gestalten mit dem Ziel, dass sich mehr Mitglieder beteiligen können
  • Transparenz bei der innerparteiliche Entscheidungsfindung
  • ·Die satzungsgemäßen Organe der Partei als Stätten der Politikentwicklung stärken und als demokratisch legitimierte Entscheidungsgremien ernst nehmen

Geschlechtergerechtigkeit befördern, Generationenwandel gestalten

Für Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern kann die LINKE nur glaubwürdig eintreten, wenn sie Geschlechtergerechtigkeit in der eigenen Partei verwirklicht. Zudem steht der LINKEN auf vielen Ebenen ein Generationenwandel bevor, den wir unterstützen und so gestalten wollen, dass wichtige Erfahrungen weitergegeben werden und Strukturen nicht wegbrechen. Dafür wollen wir u.a.:

  • Einen Plan zur Erreichung von Geschlechtergerechtigkeit beschließen und durchsetzen
  • Den Anteil von Frauen in Parteigremien und die Anzahl der Mandatsträgerinnen erhöhen
  • Spezifische Bildungsangebote für Frauen erweitern
  • Die Vereinbarkeit von parteipolitischer Arbeit einerseits sowie Beruf und Familie andererseits verbessern zum Beispiel durch Kinderbetreuung bei zentralen Parteiveranstaltungen
  • Den Jugend- und den Studierendenverband Linksjugend [‘solid] und
    DIE LINKE.SDS weiter stärken und die notwendige Unterstützung sichern
  • Gemeinsam mit Linksjugend [‘solid] und DIE LINKE.SDS unsere Verankerung und Aktionsfähigkeit mit Schülerinnen und Schülern, Auszubildenden, Studentinnen und Studenten und anderen jungen Menschen weiterentwickeln.

DIE LINKE als aktive Mitgliederpartei

Unsere Partei ist in der Gesellschaft über aktive Mitglieder verankert, diese Stärke als aktive Mitgliederpartei wollen wir ausbauen. DIE LINKE ist eine Partei für den Alltag. Das kann sie nur bleiben wenn wir unsere Mitgliederzahlen ausbauen und stabilisieren. DIE LINKE setzt auf das Engagement ihrer Mitglieder – und nicht auf Spenden von Unternehmen. Damit dies gelingt wollen wir die Aktivitäten auf diesem Gebiet noch stärker als bisher ausbauen:

  • Eine mit Ländern und Kreisen abgestimmte Mitgliederkampagne führen
  • Kreisverbände bei der Mitgliederentwicklung unterstützen, z. B. durch die Koordinierungsgruppe Mitgliederentwicklung und durch persönliche Beratung
  • Kampagnen und Wahlkämpfe für die Mitgliedergewinnung nutzen
  • Jugend- und Studierendenverband sowie die Zusammenschlüsse bei der Gewinnung neuer Mitglieder in die Partei einbinden und neue Mitglieder integrieren und aktivieren
  • Eigenaktivitäten der Mitglieder befördern

Politische Bildung

Die politische Bildung hat einen besonderen Stellenwert, weil sie die Mitglieder zur Teilnahme am Parteileben motivieren und zur Intervention in gesellschaftliche Diskussionen befähigen kann. Zugleich stärkt sie den Zusammenhalt und die Aktionsfähigkeit unserer Partei. Deshalb werden wir:

  • Mit und für die Partei das Gesamtkonzept für die politische Bildungsarbeit weiter entwickeln
  • Die Verbindung der politischen Bildungsarbeit mit den Kampagnen und der Programmdiskussion verdichten
  • Bildungsangebote für Neumitglieder, Wahlkämpfer/innen und Mitglieder mit Leitungsfunktionen stärken
  • Die Kooperation mit Stiftungen und Kommunalpolitischen Foren festigen

Profil schärfen – Kampagnen führen

Durch gemeinsame Projekte von Partei, Fraktion und parteinahen Bildungsträgern kann DIE LINKE ihr Profil weiter schärfen. DIE LINKE wirkt, weil sie aktiv ist. Kampagnen sind neben Wahlkämpfen ein wichtiges Element, um in zentrale gesellschaftliche Konflikte einzugreifen. Die nächste große Kampagne wird die Gesundheitskampagne sein. Alle Gliederungen der Partei sollen dazu in der Lage sein, vor Ort ins politische Geschehen einzugreifen. Deshalb wollen wir:

  • Bei gemeinsamen Dingen eine gemeinsame Vorhabenplanung von Partei und Fraktion im Dialog mit den parteinahen Bildungsträgern
  • Die Kampagnenfähigkeit der Partei stärken durch intensivere Kommunikation mit unseren Mitgliedern, bessere Abstimmung und Verzahnung mit Fraktionen, Landes- und Kreisverbänden, Entwicklung von neuen Aktionsformen und Angeboten zur Einbindung aktiver Mitglieder und kommunaler Mandatsträger/innen
  • (Lokale) Bündnisse unterstützen und den Austausch zwischen Parteigliederungen organisieren
  • Organisatorische und personelle Voraussetzungen für konzertierte ad hoc Aktionen schaffen (ähnlich z.B. der Proteste vor Schlecker etc.) Kooperation mit Bündnispartnern (Gewerkschaften, außerparlamentarischen Organisationen und soziale Bewegungen) weiterentwickeln

Moderne Kommunikation

Eine gute Öffentlichkeitsarbeit ist für DIE LINKE essentiell, da wir nicht immer von einer angemessenen Berücksichtigung unserer Inhalte in den Medien ausgehen können. Daher wollen wir im Rahmen eines Medienkonzepts auf den bisherigen guten Ansätze aufbauen und neue Formate ausprobieren. Dazu wollen wir u.a.:

  • Zielgruppenspezifische Öffentlichkeitsarbeit zu Bündnispartner/innen,
  • DIE LINKE fit machen für das digitale Zeitalter: Weiterentwicklung der Online-Aktivitäten z.B. unseres Web 2.0-Kommunikationskanals sowie die Fortentwicklung eines LINKE-Apps
  • Eine kostenlose Zeitung für jedes Mitglied nach Hause prüfen

Wahlen gewinnen

Linke Politik in den Parlamenten stärken – Wahlen gewinnen. Auf dem Weg zu den Bundestagswahlen 2013 gilt es, Wahlkämpfe erfolgreich zu gestalten. Dazu wollen wir:

  • Landes- und Kreisverbände in den Wahlkämpfen unterstützen
  • Gegenseitige Unterstützung der Landesverbände koordinieren
  • Jugend- und linksaktiv-Wahlkampf unterstützen; aktivierende Wahlkampfformen weiterentwickeln
Buchempfehlung:
Buchcover

Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.