Ein Dispo-Deckel ist dringend notwendig

09.10.2014

Von Caren Lay, Leiterin des Arbeitskreises Struktur- und Regionalpolitik und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

In unschöner Regelmäßigkeit veröffentlicht die Stiftung Warentest im Spätsommer die neuesten Zahlen zur Höhe der Dispo-Zinsen in Deutschland. Auch dieses Jahr war der Durchschnittswert mit 10,65 Prozent deutlich zweistellig – in der Spitze sogar 14,25 Prozent bei einer Volksbank. Das sind hohe Zinswerte, berücksichtigt man, dass die Bank selbst derzeit für 0,05 Prozent Zinsen bekommt. Das geht auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher, die auf ihren Dispo angewiesen sind. Immerhin musste jeder Fünfte schon einmal sein oder ihr Konto überziehen. Viele brauchen diese kurzfristigen Kredite, um schnell Strom oder Miete zu zahlen, um nicht im Dunkeln zu sitzen oder gleich ganz aus der Wohnung zu fliegen. Deswegen fordert die LINKE schon lange einen Dispo-Deckel, also eine gesetzliche Begrenzung der Dispo-Zinsen.

Lohnendes Geschäft ohne Risiko

Die Banken erklären regelmäßig in trauter Einigkeit, sie bräuchten wegen angeblich hoher Kosten einen so hohen Dispo. Tatsächlich handelt es sich dabei um nichts weiter als ein extrem lohnendes Geschäft. Jeder zusätzliche Prozentpunkt spült den Banken 380 Millionen mehr pro Jahr in die Kassen. Zu allem Überfluss ist das Geschäft fast noch risikolos. Das Ausfallrisiko liegt laut einer Studie im Auftrag des Verbraucherministeriums aus dem Jahr 2012 bei gerade einmal 0,3 Prozent. Zum Vergleich: Bei klassischen Krediten liegt das Risiko mit 2,5 Prozent deutlich höher.

Sowohl die letzte als auch die amtierende Bundesregierung handelt jedoch nicht. Die vorherige Verbraucherministerin Ilse Aigner wollte es bei Ermahnungen belassen und lud die Banken zum Kamingespräch. Diese ließen sich eine wertlose Selbstverpflichtung abringen. Signal genug für die Ministerin, die Hände in den Schoß zu legen und nichts mehr zu tun. In der Folge blieben die Dispozinsen weiterhin auf Spitzenniveau.

Verbraucherminister will Banken nicht an die Leine nehmen

Die Sozialdemokraten wollten immerhin noch eine Deckelung auf acht Prozent und sind damit auch in den Wahlkampf gezogen. Davon fand sich im Koalitionsvertrag anschließend nichts mehr. Hier hat sich die bankenfreundliche CDU auf ganzer Linie durchgesetzt. Der neue Verbraucherminister Heiko Maas erkennt das Problem zwar, die Banken an die Leine nehmen möchte er nicht. Stattdessen setzt er auf mehr "Transparenz" und Beratungsgespräche, wovon Bankkundinnen und –kunden nicht viel haben dürften, solange die Dispo-Zinsen fast überall hoch bleiben. Auch von einem Appell der Verbraucherschutzministerkonferenz, eingebracht durch das rot-rot geführte Brandenburg im Frühjahr diesen Jahres, verhallte ungehört.

Am kommenden Freitag wird DIE LINKE erneut einen Antrag zur Deckelung der Dispo-Zinsen einbringen. Das hat bei uns fast schon ungewollte Tradition. Den ersten Antrag hat die Fraktion vor fünf Jahren eingebracht. Seitdem bleiben wir am Thema, weil völlig überhöhte Dispo-Zinsen die Menschen weiterhin stark belasten. Wir wollen die Deckelung der Dispo-Kredite auf 5 Prozent über dem EZB-Basiszinssatz. Dabei orientieren wir uns am Bürgerlichen Gesetzbuch, welches bereits eine Deckelung der Zinsen bei Zahlungsverzug auf 5 Prozent über den Basis-Zinssatz vorsieht. Ebenso wollen wir eine Kündigungsfrist von Dispozinsen von vier Wochen, damit Kundinnen und Kunden nicht von einer plötzlichen Kündigung überrascht werden können. Damit schonen wir aber den Geldbeutel derjenigen, die eh nichts haben.

linksfraktion.de, 9. Oktober 2014

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.