Mehr Geld für Verbraucher bereitstellen

25.11.2014
Caren Lay, DIE LINKE: Mehr Geld für Verbraucher bereitstellen

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Was die Verbraucherarbeit und den Verbraucherschutz in diesem Haushaltsentwurf anbelangt, komme ich leider zu einer völlig anderen Einschätzung als beispielsweise mein Vorredner. Wenn wir uns die Zahlen anschauen, stellen wir fest, dass die Verbraucherpolitik im Gesamthaushalt wirklich ein Schattendasein fristet. Gerade einmal 31 Millionen Euro sind für die Verbraucherpolitik vorgesehen. Das ist im Vergleich zum Gesamthaushalt ziemlich wenig. Alleine der Schützenpanzer Puma beispielsweise ist der Bundesregierung 19-mal mehr wert als die Verbraucherpolitik. Das nenne ich eine falsche Prioritätensetzung.

An diesem Beispiel sieht man auch, dass es nicht so ist, dass kein Geld da ist oder die Opposition dauernd Geld ausgeben möchte; es sitzt einfach an der falschen Stelle. Auf dieses Kriegsgerät zu verzichten und das Geld für die Verbraucherarbeit einzusetzen, das wäre zum Beispiel eine gute Lösung.

Wenn Sie da nicht mitgehen können, will ich Ihnen einen anderen Vorschlag machen und eine Idee der ehemaligen Verbraucherministerin Frau Aigner aufgreifen, die bekanntlich nicht der Linken angehört, sondern der CSU. Sie hatte vorgeschlagen, dass man die Mittel, die dem Bundeskartellamt aus Bußgeldern zufließen, also die Kartellstrafen aufgrund illegaler Preisabsprachen, für die Verbraucherarbeit zur Verfügung stellen könnte. Alleine bis zum Oktober dieses Jahres waren es Bußgelder für illegale Preisabsprachen in Höhe von 1 Milliarde Euro, die in den Bundeshaushalt fließen. Das ist Geld, das den Verbrauchern unrechtmäßig aus der Tasche gezogen wurde und das man für sinnvolle Projekte einsetzen könnte. Selbst wenn wir nur 20 Prozent dieser Gelder nehmen würden, wären das 200 Millionen Euro.
Dann müsste man, um ein Beispiel zu nennen, nicht bei der Stiftung Warentest kürzen - und das ausgerechnet im 50. Jubiläumsjahr. Da frage ich mich ehrlich gesagt, wie das nächste Woche beim feierlichen Festakt ablaufen soll und ob dann die Kanzlerin sagt: Liebe Stiftung Warentest, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Sie leisten eine wertvolle Arbeit, und als Geburtstagsgeschenk werden wir Ihnen gleich die Mittel kürzen. - Nein, bei diesen Geburtstagsgeschenken kann man sich die Sonntagsreden sparen.

Wir könnten von diesem Geld beispielsweise 1 000 Schuldner- und Finanzberatungsstellen finanzieren. Das wäre auch angemessen. Sie haben es selber gesehen: Die Anzahl der verschuldeten Haushalte ist erneut gestiegen. Die durchschnittlichen Wartezeiten betragen sechs Monate, in einzelnen Kommunen können es auch einmal eineinhalb Jahre sein. Damit vergeht viel zu viel Zeit, in der sich die Schuldenspirale weiter dreht, anstatt dass den Betroffenen geholfen würde. Wir müssen bei der Finanz- und Schuldnerberatung deutlich mehr zulegen. Deswegen werden wir als Linke das auch beantragen.

Man könnte mit einem Bruchteil des Geldes aus den Kartellstrafen beispielsweise auch die Marktwächter auskömmlich finanzieren, um tatsächlich und wirkungsvoll den Verbraucherschutz auf den Finanzmärkten, aber auch in der immer komplizierter werdenden digitalen Welt zu stärken. Wir freuen uns, dass eine langjährige Oppositionsforderung nach solchen Marktwächtern aufgegriffen wurde, aber wir, die wir uns damit beschäftigt haben, wissen auch: Diese 6,5 Millionen Euro sind zu wenig. Da hilft es auch nichts, dass die ursprünglich veranschlagten Kosten von 12 Millionen Euro auf Wunsch nach unten korrigiert wurden. Hier müssten wir eigentlich viel mehr Geld in die Hand nehmen.

Es wird gerne gesagt, das gehe gar nicht und man könne die Bußgelder dafür nicht einsetzen. Die ganzen Vorschläge, die ich gemacht habe, fallen einfach deswegen weg, weil das Geld, das den Verbrauchern eigentlich zustehen würde, nicht etwa in den Haushalt des Verbraucherministers fließt, sondern weil es in den Haushalt des Wirtschaftsministers fließt. Da frage ich mich, warum das Geld, um das die Verbraucher betrogen wurden, am Ende ausgegeben wird, um die Wirtschaft zu unterstützen. Das ist doch wirklich völlig absurd.

Ein beliebtes Argument in diesen Debatten ist, das sei der kleinste Haushalt. Okay, 31 Millionen Euro sind im Vergleich zum Gesamthaushalt nicht besonders viel. Es wird angeführt, es gehe auch darum, gute Gesetze zu machen. Na, bitte schön, dann machen Sie doch gute Gesetze. Ich möchte Ihnen einige aktuelle Beispiele nennen. Eines hat schon eine Rolle gespielt.

Nehmen wir die Mietpreisbremse. Das, was Sie, Herr Minister, hier vor kurzem in den Bundestag eingebracht haben, lässt zu, dass die Länder selber entscheiden können, ob sie Ihr Gesetz umsetzen. Die Länder haben viel zu viel Zeit für die Umsetzung, sodass die Vermieter schön an der Preisspirale drehen können. Es gibt viel zu viele Ausnahmen und Bedingungen, und der Deckel, den Sie gewählt haben, ist überhaupt nicht sachgerecht und wird die Mieten nicht deckeln. Nein, meine Damen und Herren, diese Mietpreisbremse ist bestenfalls eine Handbremse, und da müssen wir dringend nachbessern.

Oder nehmen wir die gesetzliche Deckelung der Dispozinsen; sie lässt ebenfalls auf sich warten. Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben selber gesagt, Verbraucherschutz sei kein Thema von Appellen. Dann möchte ich Sie hier, ehrlich gesagt, an Ihre eigenen Worte erinnern: Haben Sie bitte den Mut, sich mit der Bankenlobby anzulegen! Belassen Sie es nicht einfach bei mehr Transparenz, und führen Sie endlich einen gesetzlichen Deckel ein!

Ich möchte zum Schluss noch auf das Projekt der Frauenquote zu sprechen kommen. Dieses Projekt begrüße ich natürlich prinzipiell. Aber Ihre Behauptung, dass mit der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs der im Grundgesetz verankerte Gleichstellungsauftrag umgesetzt werde, ist, glaube ich, ein bisschen übertrieben. Die feste Quote soll tatsächlich nur 108 Unternehmen betreffen. Davon würden also gerade einmal 160 Frauen tatsächlich profitieren. Dazu muss ich einfach sagen: Vor diesen 160 Frauen muss die CSU nicht zittern, und der Herr Fraktionsvorsitzende Kauder muss angesichts dessen nicht so weinerlich werden. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion, da müssen Sie keine Angst haben. Die Männerbündelei in Deutschlands Vorstandsetagen würde auch nach Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs weitergehen. Wir als Linke finden, es ist dringend an der Zeit, dass wir das endlich beenden.

Vielen Dank.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.