Mietpreisbremse ist maximal eine Handbremse

06.03.2015
Caren Lay, DIE LINKE: Mietpreisbremse ist maximal eine Handbremse

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Kollege Bartol, ich muss sagen: Es hätte heute ein guter Tag für die Mieterinnen und Mieter werden können. Stattdessen erleben wir heute wieder einen Tag der verpassten Chancen. Das ist doch die Wahrheit.

Eine Mietpreisbremse ist eine gute Idee, die wir als Linke natürlich unterstützen. Aber dieser Gesetzentwurf ist nun einmal ausgehöhlt wie ein Schweizer Käse und wird am Ende kaum eine Wirkung entfalten.Es wimmelt in diesem Gesetzentwurf von Bedingungen und Ausnahmen, sodass von einer wirkungsvollen Mietpreisbremse leider keine Rede mehr sein kann.

Beispielsweise ist sie begrenzt auf Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt. Ich fürchte, dass die meisten Mieterinnen und Mieter außerhalb dieser Gebiete wohnen. Deswegen sagen wir Linke: Die Mietpreisbremse wirkt nur dann, wenn sie auch flächendeckend gilt.

Ich finde es schlimm genug, dass wir über die Mietpreisbremse nun schon seit mehreren Jahren diskutieren. Aber warum räumen wir jetzt, wo die Mietpreisbremse endlich kommt, den Ländern zumindest theoretisch so viele Jahre für deren Umsetzung ein? Fünf Jahre lang haben die Länder prinzipiell Zeit, diesen Gesetzentwurf umzusetzen. Das heißt übersetzt, liebe Mieterinnen und Mieter: Freuen Sie sich nicht zu früh auf die schnelle Wirkung dieser Mietpreisbremse! Die Koalition räumt Ihrem Vermieter noch fünf Jahre ein, die Mieten so weit zu erhöhen, wie es nur irgendwie geht. - Wir sagen: Es ist doch völlig absurd und kontraproduktiv, so viel Zeit für die Umsetzung zu lassen.

Ist die Mietpreisbremse dann endlich eingeführt, dann soll sie nach fünf Jahren auch schon wieder außer Kraft treten. Damit rühmt sich ja die CDU/CSU; das ist einer der Punkte, den sie durchgesetzt hat. Das heißt für die Mieter im Klartext: Kaum setzt die Wirkung der Mietpreisbremse ein, wird sie auch schon wieder abgeschafft.

Da hatten Sie ja wohl Angst vor der eigenen Courage, genau nach dem Motto: Wir hatten vier, fünf gute Jahre in zukünftig bester Lage. Eine Mietpreisbremse, die ihren Namen verdient, muss auch dauerhaft gelten.

Das Schlimmste ist, dass die Vermieter, die jetzt noch schnell die Miete erhöhen, am Ende vom Gesetzgeber dafür auch noch belohnt werden; denn wenn die Vormiete schon höher war, wenn das Gesetzt in dem jeweiligen Bundesland endlich in Kraft tritt, dann darf sie auch so hoch bleiben. Das ist doch wirklich völlig absurd.

Meine Damen und Herren, einen Deckel von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete sehen wir darüber hinaus als nicht wirkungsvoll an. Im Gegenteil: Damit werden überdurchschnittliche Mieten auch noch gesetzlich festgelegt. Ein wirkungsvoller Mietpreisdeckel muss anders aussehen.

Es gibt viele weitere Ausnahmen, die die Wirkung der Mietpreisbremse deutlich minimieren. Nehmen wir beispielsweise den Vorschlag, der heute auf dem Tisch liegt, dass die Mietpreisbremse dann nicht zur Wirkung kommen soll, wenn die Wohnung modernisiert wird! Ich meine, Luxusmodernisierungen sind doch schon jetzt eine der Hauptursachen dafür, dass die Mieterinnen und Mieter aus ihren Wohnungen, aus ihren Stadtteilen vertrieben werden.

Deswegen müssen wir schnellstmöglich an die Modernisierungsumlage heran, wenn wir hier von einer wirkungsvollen Mietpreisbremse reden wollen.

Die nächste Ausnahme betrifft die Neubauten. Die Mietpreisbremse setzt hier nicht nur einen Anreiz für den Neubau von teuren Wohnungen, sondern führt nach der jetzigen Berechnung im Ergebnis auch dazu, dass die Mieten im Umfeld ansteigen werden, was sich wiederum auf den Mietspiegel auswirkt. Das ist keine Mietpreisbremse, sondern eine Einladung zur Luxusmodernisierung und zum Bau von neuen Lofthouses. Das lehnen wir in dieser Konsequenz ab. Das können wir so nicht unterstützen.

Liebe Mieterinnen und Mieter, Sie hören richtig: Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie von dieser Mietpreisbremse profitieren, ist ziemlich gering. Der Deutsche Mieterbund schätzt, dass gerade einmal 2,5 Prozent aller Mieterinnen und Mieter überhaupt von dieser Mietpreisbremse profitieren würden. Deswegen sagen wir: Mietpreisbremse ist eine irreführende Bezeichnung für diesen Gesetzentwurf; denn herausgekommen ist gerade einmal eine kleine Handbremse.

Ich komme zum Schluss. Die SPD kann einem heute wirklich leidtun. Sie haben es ja gut gemeint, aber leider hat Ihr Koalitionspartner alles darangesetzt, diesen Gesetzentwurf im Interesse der Vermieter und der Immobilienlobby auszuhöhlen.

Mietpreisbremschen, Frauenquötchen: Jede noch so kleine Pflanze des sozialen Fortschritts wird von dieser Union auf ein Bonsaiformat zurückgestutzt. Das finden wir ganz schön schade.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.