Sozial-ökologischer Umbau muss das Ziel sein

Union-SPD-Koalition wird wohl ausgefahrene Wege nicht verlassen

29.11.2013

Von Caren Lay, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Leiterin des Arbeitskreises Struktur- und Regionalpolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Bei Mieten und Strompreisen, unter denen immer mehr Bürgerinnen und Bürger leiden, sind Verbesserungen nicht in Sicht. Der Begriff "Mietpreisbremse" kommt gar nicht vor. Die Beschränkungen von Mietpreiserhöhungen wirken nicht auf bestehende Miethöhen, sind zeitlich begrenzt und liegen noch dazu im Ermessen der Länder. So bekommt man explodierende Mieten nicht in den Griff. Es bleibt bei den bisherigen geringen Zuschüssen und Appellen an die Länder. Der soziale Wohnungsbau wird weiter dahindämmern. Wir werden deshalb sofort Initiativen vorlegen, die Mieterhöhungen ohne Wohnwertsteigerungen ebenso für unzulässig erklären wie solche allein wegen Neuvermietungen. An unserer Forderung, jährlich mindestens 150 000 sozial gebundene Wohnungen zusätzlich zu schaffen, halten wir fest.

Die Kosten der Energiewende sollen auch weiter einseitig die privaten Haushalte und kleinen Unternehmen zahlen. Im Koalitionsvertrag findet sich weder ein Wort zum Umgang mit Stromsperren noch zur ursprünglichen Forderung der SPD, die Stromsteuer zu senken. Industrierabatte werden nicht nennenswert angetastet aber der Ausbau der Erneuerbaren Energien begrenzt. Das ist eher eine Gefahr als eine Chance für die Energiewende. Wir sitzen deshalb an einem Konzept für die Regulierung der Strompreise und bleiben bei der Forderung, Stromabschaltungen zu verbieten.

Skepsis ist angebracht, ob dem in der Koalitionsvereinbarung erneut proklamierten Ziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse wirklich näher gekommen wird. So richtig es ist, der Förderung strukturschwacher Regionen bundesweit Aufmerksamkeit zu schenken, so befremdlich wirkt es, wenn beispielsweise bei der "Lebensleistungsrente" der Ost-West-Unterschied schon wieder fortgeschrieben wird. Den Solidarpakt III wird es nicht geben, eine Angleichung der Ostrenten an das Westniveau wird es nicht geben. Es soll lediglich geprüft werden, ob ab 2017 eine Teilangleichung notwendig ist, um 2020 gleiche Rentenwerte zu erreichen.

Die Kommunen werden weiter zwischen den Stühlen sitzen und finanziell zu knabbern haben. Einerseits sollen sie bei der Eingliederungshilfe um fünf Milliarden Euro jährlich entlastet werden, an anderer Stelle des Koalitionsvertrages werden sie stärker für Strukturen der Pflege in die Pflicht genommen. Bei der Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben wir bereits erlebt, wie eine beabsichtigte Entlastung der Städte und Gemeinden oft bei den Ländern verblieb. DIE LINKE wird einen Bundestagsausschuss für kommunale Angelegenheiten fordern, damit deren Interessen besser gewahrt werden können.

Fehlanzeige beim sozial-ökologischen Umbau, bei der Begrenzung der Kosten für die Energiewende und bei den Perspektiven für den Osten. Zuvor verspricht die Koalition mit 23 Milliarden Euro zu Buche schlagenden zusätzlichen Segnungen, aber sie stehen auf wackligen Füßen. Einerseits stoßen die deutschen Handelsbilanzüberschüsse, die Folge der aggressiven Exportorientierung sind und wesentlich durch Lohnzurückhaltung möglich wurden, international zunehmend auf Widerstand. Andererseits schwelt die Finanzkrise weiter und kann jederzeit wieder ausbrechen. Die Koalitionspartner verzichten auf Einsparungen bei Rüstungsprojekten, Bundeswehr-Auslandseinsätzen und Geheimdiensten.

Auch auf anderen Gebieten besteht Anlass zu der Befürchtung, dass eine Union-SPD-Koalition ausgefahrene Wege nicht verlassen wird: Da wird zwar ein nationales Hochwasserschutzprogramm angekündigt, aber eine fundamentale Voraussetzung nicht konsequent geschaffen, nämlich den Flüssen wieder mehr Raum zu geben. Für die ländlichen Räume gibt es keine neuen Weichenstellungen und die – von uns vehement geforderte – Risikoausgleichsrücklage für Agrarbetriebe wird wohl nicht kommen. Da gibt es ein paar positive Ansätze zum Lärmschutz an der Schiene, nicht aber vor Fluglärm. Barrierefreiheit bleibt bei der Bahn ebenso ein Stiefkind wie im Tourismus. Dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher ist eine Vielzahl blumiger Versprechungen gewidmet, die kaum durch konkrete Vorhaben untersetzt sind.

Unser für Struktur- und Regionalpolitik zuständiger Arbeitskreis wird eine schwarz-rote Koalition, wenn sie denn zustande kommt, vor allem daran messen, ob deren Politik einen sozial-ökologischen Umbau unserer Gesellschaft voranbringt. Wir werden dafür weiter eigene Vorschläge auf den Tisch packen.

linksfraktion.de, 29. November 2013

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.